Das Ende der Ausreden – das Kick-Ass-Prinzip
Franka Potente ist eine der beliebtesten und bekanntesten Deutschen Schauspielerinnen. Ihre Rollen in „Lola rennt“ und den Hollywoodproduktionen „Die Bourne Identität“ und „Bow“ machte sie einem internationalen Publikum bekannt. Zwar macht sie nicht mit bei dem Magerwahn der Hollywoodstars, aber für die „Bourne-Identität“ musste sie trotzdem mit Brachialmethoden acht Kilo abnehmen. Danach nahm sie rasend schnell wieder zu. „Wie ein Hefekuchen“, meint sie. Um für den zweiten Teil des Films in Form zu kommen, wollte sie sich selbst einen Trainer suchen, der ein maßgeschneidertes Programm für sie ausarbeitet. Sie fand Karsten Schellenberg, der für sie ein wundervolles Workout zusammenstellte, das man überall, ohne Sportgeräte, sogar ohne Sportklamotten ausüben kann. Und weil’s so schön war, gibt es nun sogar ein Buch darüber.
Nachdem der Film „Bourne Identität II“ abgedreht war, nahm Franka dann nicht mehr zu, sie blieb bei dem Training, das ihr inzwischen rasend viel Spaß machte. 15 bis 20 Minuten täglich sind dabei genug, um in der hollywoodtauglichen Form zu bleiben, die Franka mit Karsten Schellenberg erreicht hatte. Und weil Franka das Ganze so schön, unkompliziert und erfolgreich findet, haben die Beiden nun ein Buch geschrieben, das nicht nur mit witzigen Fotos von Jim Rakete Fotos punktet, sondern dank vieler Illustrationen und Step-by-Step-Anleitungen tatsächlich ein effektives Workout für Jedermann bietet.
Für Leute wie Du und ich
Am Anfang war Franka wenig begeistert von Karsten, dem ein Fitness-Studio in Berlin gehört: „Karsten hatte riesige Muskeln, redete von Disziplin und davon, dass ich mich auf ein hartes Training gefasst machen müsse. Ich war müde und dachte: ‚Typisch Bodybuilder’.“ Nach und nach aber wuchs Frankas Begeisterung für Karsten. „Er kannte sich aus mit Ernährung, Stoffwechsel, Muskelgruppen und hatte all das Fachwissen, das mir fehlte.“ Und das er nun mit uns teilt. Das Buch ist in fünf Jahren gemeinsamen Trainierens entstanden. Für Leute wie du und ich. Franka: „Für jemanden, der arbeitet, der wenig Zeit und Lust zum Sport hat, vielleicht Kinder hat, gerne mal über die Stränge schlägt, der auf der Topgesundheitsskala von 1 bis 10 eher eine 5 bis 7 ist, der aber trotzdem Lust hat, sich ein bisschen zu verändern – mit Spaß bei der Sache.“
Karsten Schellenberg weiß dabei: „Im 21. Jahrhundert kann man das Fitnesstraining nicht neu erfinden.“ Gleich zu Anfang macht er klar, dass man fit und schlank nicht nebenbei auf dem Sofa wird, wie viele Schlanktipps in den Zeitschriften versprechen. Man sollte sich schon auf das Thema Training einlassen, um eine Leidenschaft dafür zu entwickeln. Er vergleicht Fitness mit einem Hobby wie Modellbauen oder Dressurreiten, das man auch nicht nebenher macht und verspricht, dass man schon bald eine Leidenschaft für das Thema entwickeln wird, wenn man sich darauf einlässt. Dazu entwickelte er ein von ihm „Kick-Ass-Prinzip“, also „Tritt-in-den-Hintern-Prinzip“, das Regelmäßigkeit beim Trainieren und eine sanfte Ernährungsumstellung erforderlich macht.
Am meisten freut den Leser bis hierher das Versprechen auf die kurzen Entspannungsphasen und die Ankündigung, dass bald die Pfunde wie von selbst purzeln werden. Vorher aber warnt Franka, dass man seine Vorbilder, die meist aus der Medienwelt stammen, gründlich überdenken muss. Sie schimpft auf Schönheits-OPs, die aus Menschen Monstern machen, und versucht, ihre Leser das Ideal schmackhaft zu machen, wegen dem sie selbst so beliebt ist: individuelle Schönheit. Paradoxerweise kommt Franka Potente exakt deshalb in Hollywood so gut an, weil sie nicht so geschniegelt, nasenoperiert und ausgezehrt wie ihre US-Kolleginnen wirkt. Mit Größe 38 auf 1,74 m ist sie für die dortigen Verhältnisse sogar regelrecht dick. „Die dünnen Frauen stehen für Selbstdisziplin“, so Franka. „Ich aber stehe für rebellisch, exotisch und deutsch. Und klug. Das gefällt mir!“ Bewegung muss laut Franka aber trotzdem sein, nicht nur weil er dem Körper zu eben jener individuellen Schönheit verhilft, sondern weil er auch ein besseres, positives Lebensgefühl vermittelt. „Das Spiegelbild zaubert ein Lächeln aufs Gesicht“, weiß sie. Immerhin hat sie sich innerhalb von fünf Monaten von Größe 42 wieder in ihre 38 trainiert, „vor allem mit den Übungen, die richtig weh tun. Die verändern wirklich etwas!“
Richtige Ausführung
„Man tut sich keinen Gefallen, wenn man die Übungen gehetzt, ungenau oder halbherzig ausführt“, weiß Franka, die früher gerne schummelte und erst von Karsten auf ihre kleinen Bequemlichkeiten aufmerksam gemacht wurde. „Oft ist es sogar wichtig, Übungen besonders langsam zu machen, weil genau das die Herausforderung für die Muskulatur darstellt!“ Jede Übung sollte so lange wiederholt werden, „bis der Arsch brennt“, so Karsten, also bis sich die Muskeln wirklich schmerzhaft bemerkbar machen. Deshalb gibt es keine Wiederholungsangaben. Die lenken nur ab. „Jeder, der bei einer Übung bis zehn zählt, schafft locker noch mal zehn, wenn er seinen inneren Schweinehund dabei Gassi schickt!“ Anfänger sollten in der ersten Zeit sehen, dass sie auf 12 bis 15 Wiederholungen pro Sequenz kommen, nach 14 Tagen dann ca. 20 Wiederholungen.
Jede der Übungssequenzen, also z.B. ca. 15-mal der Schmetterling, sollte nach ein oder zwei anderen Übungen dreimal wiederholt werden. Eine Art Rotation. Also Bauchübung eins 15-mal, Beinübung eins 15-mal, Armübung eins 15-mal, dann wieder Bauchübung eins 15-mal und so weiter. An jedem Trainingstag beginnt man mit einer anderen Übung.
Bei Schmerzen stoppen!
Wer plötzlich Schmerz spürt, wo eigentlich keine Muskeln sind, sollte das Training sofort unterbrechen. Vermutlich war die Haltung falsch oder die Übung nicht richtig ausgeführt. Die Zeichnungen und Anleitungen also noch mal genau ansehen! Zwischen den Übungen darf man auch kurz pausieren, am Besten Herumgehen, auf keinen Fall aber hinsetzen, Essen oder eine rauchen. Wer vor einem Spiegel trainieren kann, sollte das tun.
Trinken!
Ein Glas Wasser sollte stets dabei sein, besser sogar mehr. Wer wirklich abnehmen will, sollte sowieso 2 – 3 Liter Wasser täglich trinken.
Motivation
Franka: „Sich etwas vornehmen ist das eine, es dann auch zu tun, das andere. Das kleine, entscheidende Etwas dazwischen ist die Motivation. Ein anstrengender Arbeitstag ersetzt kein Workout. Wer aber motiviert ist, wird immer Zeit finden, zu tun, was er sich vorgenommen hat.“ Es geht also nur um den Anfang, aber da hat man ja meistens sowieso noch Lust. Wie aber hält man durch? Karsten: „Der beste Motivator ist der Erfolg, und so entsteht ein Kreislauf.“ Franka sagt sich dazu mehrmals täglich vor: „Ich werde mehr Sport machen, ich will richtig fit werden.“ Sie freundet sich so mit dem Gedanken an, der ihr bald so richtig gut gefällt. Sie erzählt allen Freunden davon, um nicht so leicht auszukommen, oder um sogar eine motivierte Mittrainerin zu finden. Sie setzt sich eine realistische Deadline, z.B. in vier Wochen in ein bestimmtes Kleid zu passen, für das sie derzeit zwei Kilo zu viel hat, oder sich sechs Wochen einen Bikini eine Größe kleiner kaufen zu können, als sie derzeit hat. Sie trainiert zu Musik, die sie in Schwung bringt. Ein Schild wie z.B. „Guten Morgen, jetzt 15 Minuten Training, dann gibt’s Kaffee“ am Bett, hilft ebenfalls.
Realistische Ziele
Franka: „Was man sich in Jahren angefuttert hat, kann nie und nimmer in zwei Wochen wegtrainiert werden.“ Eine halbe Stunde täglich aber reicht, um trotzdem bald schon bedeutend schöner und schlanker zu sein. Ob vor dem Frühstück, in der Mittagspause oder abends ist dabei egal.
Ort und Kleidung
Lockere, luftige Sachen, auch barfuss, außer einem Stuhl und einem Stapel Handtücher braucht man nichts. Auch wenn man müde ist: Nicht auf die Couch wälzen, denn selbst wenn man wirklich schlapp ist, wird man sich nach dem Training fit und wach fühlen.
Und jetzt geht’s los:
Das Warm up
Bevor es losgeht muss man sich aufwärmen. Karsten entwickelte dabei ein Warm-Up, das langsam und dynamisch ist und das bereits als Teil des Workouts gesehen werden kann. Es ist also keine zusätzliche Zeit erforderlich! Auch hier sollten die Übungen konzentriert und korrekt ausgeführt werden.
Hüftkreisen
Die Arme nach oben nehmen, die Füße schulterweit aufstellen und eine Minute lang die Hüften in großen Kreisen nach links drehen, die Arme dabei als Gegengewicht nutzen. Dann eine Minute in die andere Richtung kreisen. Wie gesagt: Mit Musik geht es besser. „So, das Grinsen kann im Gesicht bleiben!“
Surfer
Auch der Surfer, eine abwechselnder Ausfallschritt mit Bewegung der Arme, gehört zu den Aufwärmübungen. Sieht leicht aus, geht langsam, nach einiger Zeit spürt man die Bewegung aber gut in den Oberschenkeln.
Das Workout
Hier ein Auszug einiger Übungen – mehr finden Sie natürlich in „Kick Ass – das ultimative Workout“ (siehe unten)
Po
Chair Kick
Hier braucht man einen Stuhl, den Bauch muss man dabei immer unter Spannung halten.
- Bitte auf die rechte Seite legen und mit dem rechten Ellbogen abstützen. Die Beine liegen in Kniehöhe unter dem Stuhl.
- Jetzt das linke Knie zur Brust ziehen und dann über die Sitzfläche des Stuhls ausstrecken. Kurz halten und wieder zur Brust ziehen und unter den Stuhl strecken.
- Die Bewegung langsam ausführen, bis man den Po wirklich spürt. Dann zur anderen seite wechseln.
Bauch
Crunch
Hier ist rhythmisches bewegen wichtig. Die Oberschenkel sollten unbedingt in ihrer Position bleiben.
- Ein Handtuch falten
- Auf den Rücken legen, die Knie anziehen und das Handtuch mit den Knien zusammendrücken. Beide Hände zur Decke strecken.
- Den Blick auf die Hände richten und den Oberkörper anheben, kurz in die Luft kommen und langsam wieder zurück bewegen (Kinn nicht zur Brust drücken, Anmerkung der Redakteurin)
Ernährung
Das Ernährungsprinzip von Karsten ist denkbar einfach: Back to the roots. Frische Lebensmittel und Gerichte, aber die Sache mit dem „Frühstücken wie ein Kaiser“ ist unwiederbringlich out. Das Frühstück sollte klein sein, abwechslungsreich und sehr langsam gegessen werden. Dazu zwei frische Mahlzeiten täglich und abends ein leichter Snack. „Es gibt etwa 25000 verschiedene Hungerkuren.“ Fast alle hält Karsten für Humbug. Nur langsame Veränderung, die zur Gewohnheit wird, kann helfen. Sünden gleicht Franka einfach aus: „Ein halber Becher Eiscreme = 20 Minuten zügig spazieren gehen plus 20 Minuten Power Workout. Eine halbe Tafel Schokolade = 30 Minuten Workout UND abends Putenbrust mit Salat OHNE Nudeln, Reis oder Brot.“ Dazu redet sich Franka kleine Salate und Miniportionen einfach schön und zwar nach Art der Schauspielerinnen in L.A., die in Jubelarien über ihre Salate ausbrechen und nach drei Blättern glücklich ausrufen, wie satt sie sind.
Karsten schreibt dazu noch viel Wissenswertes über Fettquellen, die Kombination von Fetten und Kohlenhydraten, die richtigen Mengen, Trennkost (die er lobt) und die Montignac-Methode (die er ebenfalls lobt, aber mit uns da nicht konform geht). Auch Rezepte wie Thunfischsalat oder Avocadocreme sind zu finden.
Für Laien, die auch ohne teuren Fitnessvertrag eine Veränderung an ihrem Körper bewirken wollen, scheint das Programm tatsächlich geeignet zu sein, zumal Karsten Schellenberg weder falsche Versprechungen gibt noch übertriebene Erwartungen schürt. „Kick Ass“ erweist sich als wirklich nettes Buch mit herrlich natürlichen Kommentaren von Franka Potente und dem motivierenden, ehrlichen Ansagen von Trainer Karsten.
Franka Potente und
Karsten Schellenberg
Kick Ass – Das ultimative Workout
Mosaik bei Goldmann, 16,95€
mit Übungsposter, Bildern von Jim Rakete
und vielen Illustrationen
Redaktion: Kati Hofacker
Fotos: Jim Rakete – Mosaik bei Goldmann
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