Marie hat ihrem besten Freund ein Bild gemalt. Darauf zu sehen sind sie selbst, Mama und Papa und eben ihr bester Freund. Benno ist ihr Begleiter, seit sie denken kann. Er ist immer an ihrer Seite gewesen. Dann musste er zum Doktor und dort ist er einfach eingeschlafen und nicht mehr aufgewacht. Mama und Papa sagen, Benno ist jetzt an einem anderen Ort und schaut Marie von da aus zu. Aber Marie kann ihm nicht mehr zuschauen. Sie legt ihr Bild auf einen großen Stein, auf den Mama ganz groß seinen Namen geschrieben hat. Der Stein ist in ihrem Garten und Marie kann jederzeit hierher kommen, um mit Benno zu reden – so wie sie es immer getan hat.
Marie hat gerade ihren Hund Benno verloren. Sie weiß noch nicht, dass sein Ableben eine ewige Lücke hinterlassen wird. Ihre Familie ist ihr eine Hilfe dabei, diesen Verlust langsam zu verstehen und zu verarbeiten, indem sie ihr Raum zum Trauern und Verarbeiten geben. Denn ein Kind trauert anders als Erwachsene. Wie Sie als Eltern ihrem Kind helfen können mit Trauersituationen klar zukommen, erfahren Sie hier.
Inhalt
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Weshalb trauert man?
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Was ist Trauern?
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Die Trauerphasen
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Die Trauerphasen bei Kindern
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Wie verläuft die Trauer bei Kindern
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Im Wandel der Gefühle
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Besonders viel Fürsorge – was Eltern tun können
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Wie trauern Kinder untereinander?
Weshalb trauert man?
Ein Mensch trauert nach schweren Verlusten. Das können Mitglieder der Familie oder auch geliebte Haustiere sein, aber auch Lebensabschnitte oder Beziehungen, die zu Ende gehen. Das Trauern hat viele Gesichter und überkommt früher oder später jeden Menschen auf seine Weise. Der wohl häufigste Grund zum Trauern ist der Verlust eines geliebten Menschen, der Familie oder eines Tieres. Am schwersten trifft es uns, wenn enge Verwandte sterben und Selbstmord begangen haben. Ein Kind nimmt die Dinge anders wahr, als Erwachsene und trauert genauso über einen verlorenen Teddybären wie über den verstorbenen Hamster. Es kann noch keinen Unterschied machen zwischen dem Ableben, dem Selbstmord, harten Verlusten von Gegenständen oder Abschieden von geliebten Haustieren.
Was ist Trauern?
Trauern ist nichts anderes als eine Reaktion und Hilfe auf bestimmte Verluste. Meist ist sie gekennzeichnet durch tiefe Traurigkeit, Mutlosigkeit, Resignation, Freudlosigkeit und Gedrücktheit. In der Trauer erlebt man eine Achterbahn der Gefühle und ist wohl allen möglichen Emotionen, die es gibt, hilflos ausgesetzt. Dabei ist sie individuell verschieden und hält auch unterschiedlich lange an. Das seelische Gleichgewicht gerät aus den Fugen.
Das Wiederherstellen dieses Gleichgewichtes ist das Trauern. Aber es ist ein aktiver Prozess und ungemein wichtig, um Verluste zu verarbeiten und zu akzeptieren. Mit ihrer Hilfe kann man Erinnerungen schaffen und ein neues Leben aufbauen. Das betrifft vor allem Verluste eines Menschen oder Tieres. Das Sterben gehört zum Leben. Dabei ist die Trauer überall zu spüren – emotional, körperlich, spirituell und sozial. Sie markiert nicht selten eine schwere Krise. Sie ist eine Reaktion, die auf schwere Verluste folgt – aber keine Krankheit. Ohne das Trauern wäre das Verarbeiten eines Verlustes nicht möglich. Sicherlich ist das alles sehr leidvoll und schmerzlich, dauert auch meist sehr lange und ist unglaublich intensiv. Aber auch wenn es uns sowohl geistig als auch körperlich komplett fordert, hilft es uns am Ende doch, uns neu zu orientieren und uns selbst zu heilen. Dabei ist es enorm wichtig, jemanden zu haben, der einen begleitet, zuhört, mitgeht und den Schmerz mit einem aushält. Vor allem trauernde Kinder benötigen diese Art der Begleitung mehr als jeder andere Mensch.
Die Trauerphasen
Wie bei allen Prozessen, hat auch die Trauer verschiedene Phasen. Diese sind individuell verschieden und verlaufen bei jedem Menschen anders stark ausgeprägt. Es gibt keine festen Regeln und Zeiten. Die Schweizer Psychologin Verena Kast hat ein Modell der Trauerphasen entwickelt, welches generell angewendet werden kann.
Das Nicht-Wahrhaben-Wollen
Nach Verlusten erfolgt immer erst einmal ein Schockzustand. Selbst, wenn er nicht unerwartet kam, ist der Schreck über die Endgültigkeit immer groß. Mit solchen Verlusten verändert sich plötzlich alles und nichts ist mehr so, wie es mal war. Es folgen Traurigkeit, Rat- und Hilflosigkeit sowie Verleugnung, weil man die Verluste nicht wahr haben will.
Aufbrechende Emotionen
In der nächsten Phase kochen die Emotionen hoch. Von Traurigkeit, Leid, Schmerz und Angstgefühlen bis hin zu Wut und Zorn kann sich jedes Gefühl seinen Weg bahnen. Diese Phase ist aber wichtig, um Verluste zu verarbeiten. Wichtig ist, die Gefühle zuzulassen.
Suchen und sich trennen
In dieser Phase sucht man nach Erinnerungen, nach dem Vertrauten und alten Gewohnheiten. Die Rückkehr zum Vergangenen hilft, die Endgültigkeit des Todes besser zu verkraften.
Neuer Selbst- und Weltbezug
In der letzten Phase kommt man langsam zu seinem inneren Gleichgewicht zurück, innerer Frieden kehrt ein. Man hat den Verlust akzeptiert und arbeitet noch weiter an der Verarbeitung. Aber er hat schönen Erinnerungen Platz gemacht und man merkt, dass das Leben irgendwie weitergeht.
Die Trauerphasen bei Kindern
Die Trauerphasen bei Kindern ähneln denen der Erwachsenen, auch wenn sie anders ausgeprägt sind. In der Nicht-Wahrhaben-Wollen-Phase kommen bei Kindern vorrangig Angst, Unverständnis und Verzweiflung zutage. Je unerwarteter Verluste eintreten, desto größer ist die Schockstarre. Oftmals verleugnen die Kleinen in dieser Phase noch den soeben erlebten Verlust. In der sogenannten kontrollierten Phase verläuft die Trauer bei Kindern sehr wechselhaft und unbeherrscht. Freude löst Traurigkeit ab, Spielen und Toben wechseln sich mit Rückzug und Resignation ab. In der Regressions-Phase ziehen sie sich zurück und sind ihren Emotionen ausgeliefert. Diese können von Wut und Schuldgefühlen bis hin zu Weinen und Klagen reichen. Kids im Vorschulalter geben in dieser Phase auch oft sich selbst oder anderen Personen die Schuld an Verlusten. In der letzten Phase, der Adaption, nähern sie sich wieder ihrem Leben an. Sie integrieren die Trauer in ihr Handeln und Denken und erweitern somit ihre kleine Welt.
Wie verläuft die Trauer bei Kindern
Die Trauerphasen und auch die Art unterscheiden sich bei Kindern je nach Altersgruppen. Für die Familie ist ein altersspezifisches Verständnis für ihr Kind wichtig. Diese sehen Verluste durch Sterben je nach Alter noch ganz anders als ihre Eltern.
Säuglinge bis zum 9. Monat
Säuglinge und Babys nehmen den Tod an sich noch nicht so wahr. Für sie ist er gleichbedeutend mit der Abwesenheit einer Bezugsperson. Aber sie können durchaus schon negative Stimmungen und Veränderungen in ihrem Umfeld wahrnehmen und darauf reagieren.
9 Monate bis 1 Jahr
Auch in diesem Alter sind Verluste noch gleichbedeutend mit der Abwesenheit einer Person. In diesem Alter nehmen sie die Abwesenheit aber noch intensiver wahr, können das Thema aber noch nicht zuordnen, weil ihnen das Wissen hierzu fehlt. Die Kleinen nehmen Verluste durch die negative Stimmung und die Gefühle anderer Bezugspersonen wahr. Für Kids in diesem Alter sind schon kurzzeitige Trennungen von Bezugspersonen sehr schmerzhaft, weil sie noch auf diese fixiert und von ihnen abhängig sind. Deshalb sollte man die Trauerphasen von Kindern bei Verlusten eines Menschen in diesem Alter keinesfalls unterschätzen.
1 Jahr bis 3 Jahre
In diesem Alter können Kinder noch immer nichts mit Verlusten anfangen. Die Endgültigkeit eines solchen Verlustes ist ihnen noch nicht begreiflich, aber sie kennen bereits den Unterschied zwischen belebt und unbelebt.
4 Jahre bis 5 Jahre
In dieser Altersgruppe bekommen Kinder langsam eine Vorstellung vom Leben und Sterben. Sie benutzen auch das Wort Tod, können es aber gefühlstechnisch noch nicht richtig einordnen. Ihnen fehlt auch das Wissen, dass jeder Mensch einmal gehen muss. Spielerisch konfrontieren sie sich selbst mit dem Thema, indem sie beispielsweise Krieg oder Indianer spielen. In dieser Phase kommt es nicht selten auch dazu, dass sie ihre Kräfte an Tieren testen und diese quälen oder sogar töten. Hierbei ist es wichtig, die Kleinen frühzeitig für das Leben und die Gefühle anderer Lebewesen zu sensibilisieren. Das Kind muss lernen, dass das Sterben unvermeidlich ist und herbeigeführt werden kann. Viele Kids in dem Alter sehen den Tod aber noch nicht als endgültig, sondern vergleichen ihn mit Metaphern wie Schlafen oder Reisen.
6 Jahre bis 8 Jahre
In diesem Alter gibt es bei Kindern eine gewisse bildliche Vorstellung vom Leben und vom Tod, beispielsweise in Form von Engeln oder dem Sensenmann. Sie beginnen, sich mehr mit dem Sterben auseinanderzusetzen und können bereits gewisse Gefühle damit verbinden. Das eigene Sterben steht aber nach wie vor im Hintergrund, diese Art von Abschied wird eher auf geliebte Dinge, Personen oder Tiere projiziert.
9 Jahre bis 12 Jahre
In diesem Alter kann das Kind biologische und logische Tatsachen in Bezug auf den Tod herstellen und auch sein Interesse und das Bewusstsein zum Thema wachsen. In diesem Alter sieht es den Tod oft auch als Strafe für ihr eigenes Fehlverhalten oder das von anderen Personen.
Jugendliche ab 12 Jahren
Jugendliche begreifen, dass sich das Leben auf Menschen, Tiere und Pflanzen gleichermaßen bezieht. Auch können Jugendliche verschiedenen Formen des Lebens unterscheiden und sehen das Thema durchaus realistisch. Die Endgültigkeit und auch die Unausweichlichkeit des Todes rücken in den Fokus und es entwickeln sich dieselben Denkweisen wie bei Erwachsenen. Jugendliche empfinden den Tod als unbehaglich und wehren das Thema gerne ab. Dafür können Jugendliche diese Emotionen verbal zum Ausdruck bringen und darüber sprechen.
Im Wandel der Gefühle
Kinder gehen also anders mit Verlusten um als Erwachsene. Grund hierfür ist vor allem das Unverständnis und das fehlende Bewusstsein für den Tod. Geprägt sind die Trauerphasen meist von Angst, Verzweiflung, Unverständnis und auch Wut und Schuldgefühlen. Besonders jüngere Kinder ab circa 5 Jahren wünschen sich Verstorbene oft zurück. Verlustängste in Bezug auf enge Angehörige und Freunde, aber auch Haustiere gehen mit dem wachsenden Bewusstsein für den Tod einher. Da Kinder sich meist noch nicht verbal richtig äußern können, sind sie ihren Emotionen oft hilflos ausgesetzt. Sie können die Trauer nicht direkt benennen und sind oft verunsichert, ängstlich und wünschen sich die Normalität zurück. In der heutigen Gesellschaft werden Kinder und ihre Gefühle oft übersehen. Auch ihre Trauer wird oft unterschätzt oder nicht richtig wahrgenommen, selbst von der Familie nicht. Dabei haben die Jüngsten unter uns einfach ihren eigenen Weg dafür. Nicht selten wird ihr Verhalten sogar missverstanden. Beobachtet man ein Kind auf einer Beerdigung fällt auf, dass es gar nicht richtig anwesend ist. Oft spielt es sogar und ist mit dem Kopf in seiner eigenen Welt. Das heißt aber nicht, dass es nicht verarbeitet und trauert. Ganz im Gegenteil. Kinder drücken ihren Verlustschmerz auch oft spielerisch oder über bestimmte Rituale und das Malen aus. Eben nonverbal. Auch ist es bei Kindern schwierig, die Trauerphasen genau zu erkennen, da diese sehr wechselhaft verlaufen können. Von Kind zu Kind verlaufen die Trauerphasen anders. Häufige Symptome aber, auch unabhängig vom Alter des Kindes, sind Ängstlichkeit, Schlafstörungen, Einnässen oder körperliche Beeinträchtigungen. Fällt das Kind tagsüber durch Spielen und Toben auf, kann es nachts von der Trauer übermannt werden. Bei Kindern kommt und geht die Trauer, wie sie will. Dabei sind ein Verlust und die Trauer sehr wichtige Erfahrungen und prägend für ihr weiteres Leben. Die Trauer kann die Vorstellungen von Verlusten und Abschied sowie das Verhalten bis ins Erwachsenenalter prägen.
Besonders viel Fürsorge – was Eltern tun können
In der Trauerzeit benötigen Kinder besonders viel Fürsorge und Hilfe ihrer Eltern. Ihre Bedürfnisse und Fragen müssen Beachtung finden. Wichtig ist eine aktive Trauer, in die sie von ihrer Familie mit einbezogen werden. Deshalb ist es für Eltern wichtig, das Thema Verlust niemals zu tabuisieren und immer offen damit umzugehen. Die Kleinen sollten auf solche Fälle sacht und vorsichtig vorbereitet werden. Verluste können Kindern durchaus auf spielerische Weise fassbar gemacht werden. Nur so lernen die Kids nach und nach, diesen Prozess auch zu verstehen und besser damit umzugehen. Hier finden Sie 8 hilfreiche Tipps, was Eltern tun können:
- Fragen Sie sich selbst, wie Sie das erste Mal mit dem Thema Verlust konfrontiert wurden und ob das Verhalten Ihrer Eltern gut oder schlecht war. Aufgrund dessen wissen Sie instinktiv, wie Sie Ihrem Kind eine Hilfe bei der Trauerbewältigung sein können. Sein Kind zu schützen ist in diesem Bezug eher kontraproduktiv. Verluste und das Ableben gehören zum Leben und sind nichts Schlimmes.
- Reagieren Sie auf Fragen zum Thema nicht abweisend, sondern gehen Sie offen und ehrlich damit um.
- Beziehen Sie andere Verwandte, Eltern, Bekannte, Erzieher und Freunde mit ein, um dem trauernden Kind zu helfen.
- Beziehen Sie das Thema Tod und Verlust vorsichtig in den Alltag mit ein, am besten anhand von Naturbeispielen und auf spielerische Art.
- Ermöglichen Sie Ihrem Kind den persönlichen Abschied. Dabei ist es egal, ob es sich um den Verlust eines Menschen, eines Tieres oder auch Gegenstandes handelt. Das Abschiednehmen ist heilsam.
- Haben Sie Verständnis für die Art des Trauerns und unterstützen Sie Ihr Kind bei seiner Art mit Verlusten umzugehen.
- Erklären Sie Todesnachrichten in ruhigen Momenten und investieren Sie Zeit, um Fragen zu beantworten und Unverständnis aufzuklären. Lassen Sie Ihr Kind mit dieser Nachricht und dem Abschied nicht allein.
- Sprechen Sie nach dem Verlust mit dem Kind über die verstorbene Person/das Tier, wecken Sie Erinnerungen. Diese sind heilsam und helfen bei der Verarbeitung und dem Abschied.
- Ihr Kind benötigt in der Trauerzeit sehr viel Liebe und Zeit gemeinsam, auch zum Weinen.
Wie trauern Kinder untereinander?
Bei der Trauerarbeit können andere Kinder nicht unbedingt helfen, aber den Schmerz etwas vergessen lassen. Besonders gleichaltrigen Kindern fehlt ebenso das Wissen darüber. Aber sie können ablenken, bei der Bewältigung der Trauer helfen, indem sie einfach da sind, spielerisch damit umgehen und auch zuhören. Untereinander verstehen sie sich oft besser, als mit Erwachsenen. Besonders Geschwister sind in der Trauerphase sehr wichtig. Ältere Geschwister können ihre jüngeren Geschwister an die Hand nehmen und mit ihrer Erfahrung und ihrem Wissen helfen. Selbiges gilt auch für anderer Verwandte oder Freunde im gleichen oder ähnlichen Alter des Kindes.
Redaktion: Walter Braun
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Wiedergabe – auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Genehmigung des Herausgebers. Der vorliegende Tipp ist sorgfältig erarbeitet worden. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder Redaktion noch Herausgeber können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den hier gemachten praktischen Anleitungen resultieren, eine Haftung übernehmen.
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Katrin Yilmaz says
Sehr schöner Artikel! Unser Kind ist 10 und trauert auch sehr um unsere Katze, die musste im Mai eingeschläfert werden. Sie war traurig und hat fast geweint. Natürlich bin ich auch traurig darüber, aber so schlimm ist es nicht.
Tobias Müller says
Vielen Dank für den Beitrag zur Trauer bei Kindern. Die Tochter unserer Nachbarn trauert um ihren toten Hund, für den wir eine Tierbeerdigung planen. Interessant finde ich, dass auch Kinder beim Tod der eigenen Haustiere durch die verschiedenen Phasen der Trauer gehen.