„Mobilfunkfelder liegen weit unter den Grenzwerten“, heißt es in einer neuen Studie des Bayerischen Landesamtes für Umwelt. Doch einige Zweifel bleiben. Langzeituntersuchungen zu den Risiken der hochfrequenten elektromagnetischen Felder gibt es nicht. Ärzte und Heilpraktiker bleiben kritisch.
Bereits 2001 startete das Bayerische Umweltministerium ein Projekt zur „Förderung der Erfassung elektromagnetischer Felder“, kurz FEE genannt. Damals haben rund 350 Gemeinden bei der Durchführung mitgeholfen. Das LFU (Bayerische Landesamt für Umwelt) hat die Auswertung von knapp 1.900 landesweiten Messpunkten dem „Informationszentrum für Mobilfunk e.V.“ (IZMF) und dem Institut für Mobil- und Satellitenfunktechnik (IMST) im Rahmen der Initiative „Wissenschaf(f)t Vertrauen“ übertragen.
Das Ergebnis: Die Mobilfunkfelder in Bayern liegen weit unter den gesetzlich gültigen Grenzwerten. Eine gesundheitliche Gefahr für Menschen besteht nicht.
An 95 Prozent der Messorte erreichten die Mobilfunk-Immissionen weniger als ein halbes Prozent des gültigen Grenzwertes bezüglich der Leistungsflussdichte. Und Professor Dr.-Ing. Albert Göttle, Präsident des LFU ist sich sicher: „Mobilfunkfelder sind ungefährlich!“
Soweit die Ergebnisse der aktuellen Studie. Doch Zweifel – und Ängste in der Bevölkerung – bleiben. Zum einem, weil es keinerlei Langzeitstudien über den Einfluss der Funkanlagen gibt. Selbst Prof. Dr. med. Caroline Herr, Mitarbeiterin des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) muss zugeben, dass „ein Restrisiko nicht ausgeschlossen werden kann!“
Denn um wissenschaftliche Beweise für langfristige gesundheitliche Risiken zu bekommen, müssten die Probanden 24 Stunden am Tag über Jahre hinweg mit einem Handy am Ohr herumlaufen. Und wer würde da schon mitmachen? Selbst Versuche mit Tieren, meist Mäusen, sind rein wissenschaftlich nicht auswertbar, da die Mäuse sich in ihren Käfigen ständig bewegen würden und damit die Auswertung ungültig ist – zumindest nach den derzeitig gültigen Kriterien der Wissenschaft. Kein unbekanntes Problem, da selbst die Häufung von Krebserkrankungen bei Kindern in der Nähe von Atomkraftwerken zwar jahrelang diskutiert, als wissenschaftliche Beweise allerdings nicht angenommen wurden.
Das ABER
Immer mehr Hausärzte und Heilpraktiker beobachten einen Anstieg von Erkrankungen wie Herzrhythmus- und Schlafstörungen, Krebserkrankungen oder hirndegenerativen Erkrankungen bei Patienten, die vermehrt Elektrosmog ausgesetzt waren oder sind. Die 2008 erschienene „Interphone“-Studie der Weltgesundheitsorganisation WHO, an der 13 Länder beteiligt waren und in deren Rahmen 6.000 Fälle von Hirntumoren untersucht wurden, kommt teilweise ebenfalls zu einigen beunruhigenden Ergebnissen.
Der Studie zufolge erhöhe der regelmäßige Gebrauch von Handys über einen Zeitraum von zehn Jahren und mehr das Krebsrisiko um 120 Prozent. Allerdings ließen nur drei der bisher veröffentlichten 24 Ergebnisse diese Annahme von Krebsrisiko durch Handys zu. Auch die „Naila“-Studie hat das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS), das verantwortlich ist für die Festlegung der Grenzwerte, aus „methodischen Mängeln“ nicht anerkannt.
Die Naila-Studie
In Naila, einem bayerischen Städtchen mit 8.500 Einwohnern, steht seit 1993 eine Mobilfunkanlage. Zwischen 1994 und 2004 wurden die Einwohner, die in bis zu 400 Metern Entfernung der Anlage leben auf die Häufigkeit von Krebserkrankungen untersucht. Die Ergebnisse wurden mit Untersuchungen von Personen, die zwischen 400 und 1.000 Meter Entfernungen leben, verglichen. Bei Personen, die nahe an der Anlage wohnten, wurde ein dreimal so hohes Risiko an Krebs zu erkranken, festgestellt. Außerdem traten die Erkrankungen im Durchschnitt 8 Jahre früher auf.
Die „Wissenschaf(f)t Vertrauen“-Studie kommt dagegen zu einem völlig konträren Ergebnis. Dort heißt es, dass die Strahlung bis zu einer bestimmten Entfernung umso stärker wird, je weiter die Anlage entfernt ist, also ein Nahbereichsschatten herrscht. Der Grund liegt in der typischen flach nach unten verlaufenden Strahlungseigenschaft der elektromagnetischen Felder. Weiter heißt es, dass Baumaterialien und Vegetation die Mobilfunkfelder dämpfen und dass es zwischen GSM-Strahlung und der moderneren UMTS-Strahlung fast keinen Unterschied bei der Immission gibt.
„Außerdem wurden bei der Strahlenbelastung von einer maximalen Sendeleistung der Funkanlagen ausgegangen“, erklärt Dr. Christian Bornkessel Projektleiter der FEE-Auswertung beim IMST, „das trifft in der Realität jedoch fast nie auf!“ Weiterhin wurde noch ein weiterer Sicherheitsfaktor bei den Berechnungen eingebaut: Auf die hochgerechneten Messergebnisse wurde zusätzlich ein Betrag von drei Dezibel für die Messunsicherheit aufgeschlagen.
Handyverträge nehmen immer mehr zu
So unterschiedlich die verschiedenen Studien auch sind, eins bleibt immerhin gewiss: Auf das geliebte und nützliche Handy will keiner mehr verzichten. Es gibt in Deutschland bereits knapp 100 Million Handyverträge – bei einer Einwohnerzahl von etwas über 80 Millionen Deutschen. Ein gigantischer Industriebereich ist abhängig von den kleinen Taschentelefonen. Auch das IZMF ist bedingt damit verbunden. Denn immerhin wurde der Verein vor allem von den großen Netzbetreiber wie T-Mobil, Vodafon oder ähnliche gegründet. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Und auch die Präventiv-Maßnahmen der Bundesregierung, unter anderem ein „Handy-Führerschein“ für Jugendliche lassen einen gewissen Restzweifel bestehen. Im Grunde gilt bis heute eine Faustregel: So wenig und so kurz wie möglich mit dem Handy telefonieren, dann sind mögliche Risiken auf ein erträgliches Maß reduzierbar.
Allgemeine Grenzwerte in Deutschland, festgelegt durch das Bundesimmissionsschutzgesetzt (26.BimSchV)
Standart | Frequenz | Elektrische Feldstärke | Leistungsflussdichte |
GSM 900 | 900 MHz | 42 V/m | 4,7 W/m2 |
GSM 1800 | 1.800 MHz | 58 V/m | 9,2 W/m2 |
UMTS | 2.100 MHz | 61 V/m | 10,0 W/m2 |
Für verschiedene Frequenzbereiche gelten unterschiedliche Grenzwerte. Bei der Bewertung, ob ein Messort die Grenzwerte einhält, wird in einem komplizierten Rechenverfahren für jeden Frequenzbereich die gültigen Messwerte summiert, das Ergebnis ist der Grad der Grenzwertausschöpfung der Gesamtimmission in Prozent. Der Grenzwert ist dann erreicht, wenn die Ausschöpfung 100 Prozent beträgt.
Unter diesen folgenden Links finden Sie mehr Infos zum Thema:
Krebsrisiken durch die Nutzung von Handys
Gesundheitsrisiken durch Mobilfunkantennen
Elektrosmoginfo
Hirntumor-Risiko
Mobilfunkfelder in Bayern
Redaktion: Patricia Kurz
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