
Hochmut, Geiz, Wollust, Zorn, Völlerei, Neid und Faulheit – von den sieben Todsünden hat jeder schon einmal gehört. Sie bezeichnen moralisch verwerfliche Verhaltensweisen, die im Alltag nahezu allgegenwärtig und daher gesellschaftlich auch für die Moderne immer noch relevant sind. Doch bei nicht jedem begangenen Fehlverhalten handelt es sich auch gleich um eine Todsünde.
Denn dafür muss:
– ein wichtiger Regelbruch vorliegen, der beispielsweise auch gegen die Zehn Gebote verstößt,
– der Sünder sich seiner Sünde bewusst sein und
– der Sünder die Sünde aus freien Stücken tun.
Die Todsünden haben ihren Ursprung nicht in der Bibel, sondern stammen aus dem mönchischen Leben des fünften Jahrhunderts. Mönche hatten über Hunderte von Jahren im Rahmen von Disputen und Introspektionen (bewußte Beobachtung des eigenen Erlebens z.B. seiner Gedanken und Gefühle) eine Art Sündenkatalog erstellt und schließlich die uns heute bekannten sieben Todsünden festgehalten. Innerhalb der gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit den sieben Todsünden wurden menschliche Handlungsweisen und Bedürfnisse schnell im explosiven Spannungsfeld von Moral, Religion sowie den gesellschaftlichen Anforderungen eingeordnet. Die Auseinandersetzung mit den sieben Todsünden übt nicht nur einen besonderen Reiz auf die Gläubigen aus. Insbesondere für die Nichtgläubigen ergibt sich durch eine nähere Beschäftigung mit ihnen, ein tieferer Einblick in die eigene Psyche und Möglichkeiten der Selbsterkenntnis.
Die negativen Archetypen menschlicher Charaktere
Die sieben Todsünden stehen stellvertretend für negative Archetypen von menschlichen Charakteren. Hierunter versteht man nach dem Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung universale Urbilder, bzw. Urfiguren, welche mit gewissen Eigenschaften, Emotionen und Zielsetzungen in Verbindung gebracht werden. Den großen Romanciers und Dramatikern dienten die sieben Todsünden daher als Blaupause zur negativen Portraitierung ihrer Anti-Protagonisten. Als Beispiele sind hierbei zu nennen:
1. Die Figur Lago in William Shakespeares „Othello“, die getrieben durch Neid eine mörderische Intrige spinnt.
2. Die literarischen Figuren des Ebenezer Scrooge in Charles Dickens „Eine Weihnachtsgeschichte“ oder der Geizige in Molières gleichnamigen Stück, welche Habgier verkörpern.
3. Michael Kohlhaas steht in der gleichnamigen Novelle von Heinrich von Kleist als Inbegriff für den selbstzerstörerischen Zorn.
Was macht die sieben Todsünden immer noch aktuell?
Die sieben Todsünden erfassen durch ihre anthropologischen (die Wissenschaft vom Menschen, seinem Wesen und seiner Entwicklung) Konstanten auch das Fehlverhalten des modernen Menschen. Habgier, Hochmut, Neid, Trägheit, Völlerei, Wollust und Zorn beschreiben nach wie vor die moralischen und ethischen Probleme der Moderne, da diese Gefühle auch durch einen kulturellen und zivilisatorischen Fortschritt nicht überformt werden konnten.
Können die sieben Todsünden durch modernere Verfehlungen abgelöst werden?
Im Jahre 2005 bat der britische Kultursender Radio 4 seine Zuhörer, eine Liste der modernen Todsünden zusammenzustellen. Hierbei wurden zwar für viele der Todsünden Synonyme verwendet, doch gab es kaum relevante Begriffsunterschiede. So landete die Trägheit unter der Facette der Gleichgültigkeit, Apathie oder Denkfaulheit auf Platz 1 der Todsünden. Doch auch die anderen althergebrachten Todsünden, sind unserer modernen Gesellschaft keinesfalls fremd, wie die folgenden Beispiele veranschaulichen:
Habgier:
Habgier wird nicht nur der politischen oder der wirtschaftlichen Klasse angekreidet, die dann gerne mal „Abzocker“ genannt wird, auch im gemeinen Volk ist die Habgier insbesondere unter den Schnäppchenjägern angekommen. Das Lebensmotto für möglichst viel, möglichst wenig zahlen, welches im Marketing gerne durch ein gutes Preis-Leistung-Verhätnis beschrieben wird, ist allgegenwärtig.
Wollust:
Wollust ist in der modernen Gesellschaft zu einer schnell konsumierbaren Angelegenheit geworden. Der moderne Casanova, bzw. in der weiblichen Ausführung der Vamp, gilt heutzutage gemeinhin als Sexsüchtiger, bzw. Sexsüchtige. Wird der wollüstige moderne Mensch von Selbstzweifeln umgetrieben, spricht man auch gerne mal von einem Don Juan. Sexuelle Eroberungen sollen das mangelnde Selbstbewusstsein kompensieren. Warum man sich gerade im Sex Ablenkung sucht, dürfte nicht verwundern, schließlich zählt „sex sells“ als häufig eingesetztes Marketinginstrument.
Völlerei:
Völlerei tritt heutzutage eher als ästhetisches Problem in Form einer Fettsucht in Erscheinung. Aber auch als gesundheitliches Phänomen tritt das Ausmaß der Völlerei, abgelesen an weit verbreiteten Essstörungen in öffentlich zugänglichen Statistiken, immer mehr auf. Im engen Zusammenhang damit steht die obsessive Beschäftigung mit dem Thema rund ums Essen. Das fängt beim Kalorienzählen an und hört bei Fernsehkochshows auf.
Neid:
Neid wird durch den Brudermord Kain und Abel als Sünde in der Bibel beschrieben. Heutzutage dient Neid als wirtschaftlicher Motor, der den Konsum anzukurbeln vermag. Zudem fungiert Neid als gesellschaftliches Ordnungsprinzip, der durch die sogenannte „Neidsteuer“ zum Beispiel dazu anregt, die höheren Einkommensklassen zu besteuern. Jedoch kann Neid im Einzelnen auch zum seelischen Dauerschmerz führen, sofern man sich bewusst wird, dass soziale Ungerechtigkeiten nie ganz überwunden werden können.
Hochmut:
Hochmut ist durch maßlose Selbstüberschätzung und intellektuelle Arroganz immer noch in der Gesellschaft zu finden. Allerdings gilt hier jedoch manches Mal mehr Schein als Sein, was vor allem auf bloße Äußerlichkeiten zutrifft. Generell kann man sagen, dass ein gesundes Maß an Narzissmus gesellschaftlich akzeptiert ist, sofern es dazu dient, mit anderen zu konkurrieren.
Trägheit:
Trägheit wird heutzutage besonders dazu angewandt, um sich aus der Verantwortung zu stehlen und anderen eine schwere Entscheidungsfindung zu überlassen. Deswegen beschreiben viele diese Todsünde mit Denkfaulheit oder Gleichgültigkeit, die sich durch das Ignorieren fremder Schicksale zeigt.
Zorn:
Heutzutage ist die Zornesschwelle stark abgesenkt. Das liegt nicht nur daran, dass die Leute dazu neigen, leicht aus der Haut zu fahren, sondern sich auch stets im Recht sehen. Wird dieses von den Mitmenschen nicht respektiert, wird man schon mal schnell von einem Zornesausbruch überrollt.
Mit den Begriffen Grausamkeit, Heuchelei, Intoleranz, Selbstsucht und Zynismus wurden von den Zuhörern der Radiosendung hingegen Sünden beschrieben, die zwar nicht unbedingt neu sind, jedoch auch in unserer heutigen Gesellschaft einen immer noch großen Stellenwert einnehmen. Insgesamt muss man jedoch sagen, dass die Bedeutung all dieser Fehlverhalten nicht mehr als Todsünden im spirituellen Sinne angesehen werden. Vielmehr gelten sie heutzutage als unliebsame Marotten oder Neurosen und werden weitgehend von der Gesellschaft akzeptiert, wenn nicht sogar durch gezieltes Marketing gefördert.
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