Geldsorgen, Singledasein, Karriereprobleme – für fast alles gibt es private Coaches. Sieben Top-Coaches und ein Kritiker klären auf: So finden auch Sie den richtigen Berater…
Inhalt
- Die Arbeits-Optimierer
- Was ist Coaching
- Chefs im Spannungsfeld
- Coaching für alle
- Coaching für Privatleute
- Wer kann sich coachen lassen
- Wie läuft ein Coaching ab
- Welche Themen können beim Coaching bearbeitet werden
- Beispiel Finanzcoaching
- Liebescoaching
- Wo findet man einen guten Coach
Die Coachingbranche boomt. Aber nicht nur große Unternehmen und deren Führungsetagen, sondern auch Mittelständler und „normale“ Durchschnittsmenschen nehmen inzwischen die Dienste von Coaches wahr. Der Coach hat den Therapeuten abgelöst, gilt als Psychologe für Gesunde, als Helfer und Optimiere in allen Lebenslagen. Während man früher über ein Coaching nur hinter vorgehaltener Hand flüstert, ist der Coach mittlerweile regelrecht zum Statussymbol mutiert. „Man lässt sich coachen“ bedeutet, dass man sich wertschätzt, an sich arbeitet und dass man sich diese „Dienstleistung“ auch leisten kann. Stundensätze von 100 bis 150 € sind auch im Privatrahmen an der Tagesordnung. Deshalb – und weil der Berufsbegriff des Coachs bisher nicht geschützt ist – tummeln sich nicht nur perfekt ausgebildete, psychologisch, pädagogisch oder wirtschaftlich versierte Fachleute im großen Pool der Coachingbranche, sondern auch ein paar Trittbrettfahrer, Schmarotzer und Abzock-Haie. Sieben namhafte und qualifizierte Coaches geben Ihnen Tipps über das richtige Coaching, den richtigen Coach und Tricks, wie man gute von schlechten Coaches unterscheidet.
Die Arbeits-Optimierer
Seit zehn Jahren wächst der Bedarf an Coaches explosionsartig. Selbst kleine Zimmereien und Friseurläden bestellen sich einen Coach ins Haus, der für teilweise 1.000 Euro und mehr am Tag Arbeitsprozesse optimieren soll. Ob mit Erfolg, davon haben die Kunden verschiedene Meinungen. „Bei uns war ein Coach in der Firma, der unseren 20 Mitarbeitern lauter Dinge erzählte, die völlig unrealistisch waren. Dieser Mann hat sich noch nie mit dem Handwerk beschäftigt“, erzählt ein Schreinermeister aus dem Münchener Süden. Die Eignerin eines mittelgroßen Modeunternehmens hingegen schwärmt: „Der Coach, den wir bestellt hatten, führte Einzelgespräche in der Führungsebene und gab Seminare für alle Mitarbeiter. Wir haben seither deutlich mehr Spaß am Miteinander und auch höhere Umsatzzahlen!“
Was ist Coaching
Coaching soll – in Einzelgesprächen oder Gruppensituationen – das persönliche oder arbeitsgebundene Potential von Menschen hervorkitzeln, soll die jeweiligen Talente, Fähigkeiten und Stärken erkennen und optimal zu Tage fördern. Mut zur Veränderung, Spaß am Tun sind oft das Ergebnis. Egal, ob ein frisch gebackener Chef heimliche Probleme mit seiner neuen Führungsrolle hat und über-autoritär agiert, ob Zickenterror ein Miteinander im Sekretariat unmöglich machen oder ob die Informationsstruktur eines Unternehmens hängt: Der Coach weiß Rat. Doch umsetzen und verändern muss der Coachee – also derjenige, der gecoacht wurde – seine Themen selbst.
Chefs im Spannungsfeld
Erik Lindner, Autor des kritischen Buches „Coachingwahn“, hat ermittelt, dass heutzutage jede zweite Firma einmal einen Coach ins Haus holt. Aber auch im Privatleben boomt die Coachingbranche. Sport, Liebe, Diät, Sexualität, Interaktion mit den Mitmenschen oder Ängste besiegen – für fast alles gibt es Coaches. Geschätzte 40.000 Coaches bieten bundesweit ihre Dienstleistung an, 300 Mio. Euro setzt die Branche inzwischen um, und das bei Stundensätzen von 150 Euro und mehr. Begonnen hat der Coaching-Trend mit den gesteigerten Anforderungen an Führungskräfte, wie der Psychologe Oswald Neuberger bereits 2002 bemerkte. Chefs rieben sich in einem Spannungsfeld auf, das zwischen dem Wohlgefallen der Firmeneigner, der möglichst sensiblen Mitarbeiterführung und dem Wunsch des Unternehmens, er möge mit sich im Reinen sein, an den Chef-Nerven zerrte. Der „einfühlsame Rambo“ (Zitat Dr. Eva B. Müller) wurde zum Ideal erhoben. Dazu bot die ständige Flut an immer mehr Entscheidungsmöglichkeiten auch eine Flut von Möglichkeiten zum Versagen! So boomte die Branche der Coaches, die den oft ratlosen oder verzweifelten Vorgesetzten in diesem Dilemma zur Seite standen.
Coaching für alle
Je mehr man daraufhin bemerkte, dass man das Privat- vom Berufsleben nicht voneinander trennen kann, desto mehr spielen die Coachings auch ins Private hinein. Deshalb geht man neuerdings auch zum Coach, wenn man generell sein Leben verändern, seine wahren Talente finden, sein Gedächtnis verbessern, einen Partner finden, das Rauchen aufhören, mit Sport anfangen, seine Ängste besiegen, sich trennen oder einen neuen Job finden möchte. Der Coach ist zum Helfer in allen Lebenslagen und -fragen geworden.
Coaching für Privatleute
Coach Andrea Dirkes aus Düsseldorf, beschreibt Coaching folgendermaßen: „Coaching ist die Begleitung in einer Veränderungsphase. Der Coach ist der Begleiter in der „Kutsche“. Er stellt Fragen, die zu inneren Aha-Effekten und neuen Erkenntnissen führen. Man könnte auch sagen, er hilft Potenziale auszugraben und Flügel wachsen zu lassen.“ Alexandra Schwarz-Schilling, Coach aus Berlin, sieht die Verknüpfung von Privatem und Beruflichem als wichtig und deutlich: „Alles, was sich im Privaten abspielt, hat auch Auswirkungen auf das Berufsleben und umgekehrt.“ Wer lernen soll, nicht mehr herumzubrüllen, sollte das auch im Privaten durchziehen, wer bei der kleinsten Chefkritik übermäßig beleidigt reagiert, tut das meist auch daheim. Ihrer Meinung nach eignet sich Coaching für alle Menschen, die sich weiterentwickeln und verändern möchten, privat wie beruflich: „Vom Top Manager oder Vorstand bis zur jungen Mutter: Coaching unterstützt Menschen dabei, den Mut zu entwickeln, auf etwas loszugehen, das er erreichen möchte – in allen Lebensbereichen. Coaching kann bei allen Arten von Entscheidungssituationen helfen.“
Wer kann sich coachen lassen
Dazu Coach Alexandra Schwarz-Schilling: „Jeder. Notwendige Voraussetzungen für einen erfolgreichen Veränderungsprozess sind allerdings die Bereitschaft zur Selbstreflektion und der Wille, Verantwortung für sich selbst und sein Erleben zu übernehmen. Dazu Offenheit für Neues. Diese Bereitschaften sind unserer Erfahrung nach völlig unabhängig vom gesellschaftlichen Status oder einer bestimmten Position.“
Integrativer Coach Tanja Dünnfründ, Diplom Psychologin und Organisations-entwicklerin erklärt: „Wir bieten beispielsweise Einzel- und Teamcoachings in verschiedenen Branchen mit den inhaltlichen Schwerpunkten. Zum Beispiel „Führen im männlich geprägten Umfeld“. Dort helfe ich Klientinnen beim Einfinden in die neue Führungs-Rolle, Karriereberatung und Teament-wicklung. Darüber hinaus bin ich in einem Projekt im Rahmen der Exzellenz-initiative an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg als Coach für neuberufene Professoren tätig.“ Wieder andere Coaches helfen Unmotivierten, die mit Sport beginnen möchten oder Schauspielern bei der Rollenvorbereitung, Menschen, die mit ihrem Zeitmanagement Probleme haben, mit ihren Umgangsformen oder anderen, die Konflikte lösen wollen. Gemeinsam ist allen Coaching die gleiche Grundidee: Der Klient gilt dabei – ähnlich wie bei der humanistischen Psychologie – als Experte für seine Probleme und Lösungen. Tief in sich weiß er, wie es richtig funktioniert. Der Coach gilt dabei als Experte dafür, den Weg dahin zu finden.
Wie läuft ein Coaching ab
Coach Monica van Bueren erklärt: „Nach einem ersten Telefonat und einer Terminvereinbarung lernen Sie Ihren Coach kennen. Sobald Sie sich entschieden haben zusammenzuarbeiten, wird geklärt, in welcher Form das Coaching stattfinden soll und welche Ihre Ziele sind. Daraufhin wird ihr Coaching individuell entwickelt. Einige Klienten wünschen kurzzeitige, konkrete Unterstützung bei einem Problem. Andere suchen Begleitung über einen längeren Zeitraum, in einer schwierigen Phase. Der Coach hört zu, hinterfragt Sichtweisen, Widersprüche und gibt Feedback. Er sagt weder, was Sie tun sollen, noch gibt er Lösungen oder Antworten vor. Doch ist er mit aller Konzentration und Professionalität bei Ihnen. Er unterstützt Sie, Ihre eigenen Handlungsweisen und Ziele zu entwickeln, damit die Lösung für Sie stimmt.“ Monica van Bueren bietet auch so genannte „Time-Out-Reisen“ an, in denen der Coachee, also Klient, mit dem Coach wegfährt, um in aller Stille und Konzentration optimale Ergebnisse zu erzielen. Auch Andrea Dirkes veranstaltet Coaching-Reisen. An schönen Orten international wird dann in aller Ruhe und mit Abstand zum Problem daran gearbeitet.
Welche Themen können beim Coaching bearbeitet werden
Monica van Bueren erläutert: „Alle, die mit Veränderung zu tun haben. Sie wollen z.B. die Beziehung zu bestimmten Menschen oder Personenkreisen verändern. Sie wollen eine wichtige Entscheidung sicher treffen oder möchten Strategien zur Überwindung von Problemen erarbeiten. Sie wollen wissen, wo Sie stehen und wo es in Ihrem Leben hingehen könnte oder Sie befinden sich in einer Krisen- oder Konfliktsituation. Vielleicht möchte Sie Zukunftsperspektiven entwickeln oder Ihr Potential besser ausschöpfen. Neuorientierung, Verbesserung der Chancen am Arbeitsmarkt, die Überarbeitung Ihrer Kommunikationsmuster, um z.B. im Team besser klar zu kommen, soziale und emotionale Kompetenzen weiterentwickeln, unternehmerische oder persönliche Herausforderungen bewältigen, Über- und Unterforderung, ,mangelnde Motivation, Burn-Out vorbeugen, all das kann der Coach mit Ihnen erarbeiten.“
Beispiel Finanzcoaching
Immer mehr Menschen kommen mit ihrem Geld nicht aus. Finanzcoach Sabine Krusch, früher Bankkauffrau, Vermögensberaterin und Geschäftsführerin bei einem Finanzdienstleiter, erkannte, dass nicht nur Zahlen und Fakten den guten Berater ausmachen. Sie gründete „Sense for Finance“, eine ganzheitliche Finanzplanung und macht da weiter, wo der normale Finanzberater aufhört. Zwar arbeitet sie sich mit ihren Coachees ebenfalls durch alle Konten, Versicherungen, Bankbriefe, unnötige Ausgaben und Haushaltsbücher. Dann aber geht es weiter: „Viele Kunden haben eine total angespannte Beziehung zu Geld. Wenn Sie das Wort nur hören, beginnt der Stress. Gespräche mit Bank- und Versicherungsberatern sind ihnen absolut unangenehm, weil sie keine Ahnung von der Materie haben. Sie wissen aber auch, dass Sie sich darum kümmern müssen und so sind sie ständig im Konflikt und drehen sich im Kreis.“ Sabine Krusch geht es auch um die emotionale Seite des Themas Geld: „Im Coaching wird sehr klar, welche Gefühle Geld in den Menschen auslöst. Glaubenssätze kommen ans Tages-licht. Geld ist ständig in unserem Kopf. Für fast jede Entscheidung, die wir im Leben treffen, ist Geld der Motor. Trotzdem sprechen wir nicht darüber. Diesen Vorgang lernt man zu verstehen und zu verändern. Man kann dem Geld einen aktiven Platz im Leben geben.
Geld für wichtige Dinge wie beispielsweise eine Weiterbildung sparen und damit wirklich für sich selbst, nicht nur für Konsumartikel. Man kann sich fragen: Wie komme ich zu Geld? Ist dieses Tun in meinen Augen etwas wert? Entspricht es meinen Werten? Brauche ich das, was ich für dieses Geld kaufen will, wirklich und warum? Menschen, die zu mir kommen, sprechen zum ersten Mal in ihrem Leben so offen und ehrlich über Geld. Sie können sich mir anvertrauen und spüren die Kraft, die entsteht, wenn sie einen Beschluss gefasst haben, etwas zu verändern. Sie sind dankbar, einen Partner an der Seite zu haben, der nicht etwas erwartet oder von Ihnen will, sondern sie begleitet.“
Liebescoaching
Sogar das Thema Liebe kann Thema eines Coachs werden. Buchautorin und Coach Janine Berg-Peer hilft Menschen jeden Alters einen neuen Partner zu finden. „Natürlich coache ich auch Menschen, die einen neuen Arbeitsplatz finden wollen oder die eine Karriereentscheidung treffen müssen.“ Und da Entscheidungen im beruflichen und Privaten nicht weit voneinander entfernt liegen, bietet Berg-Peer auch Liebescoaching an: „Themen wie ‚Wie finde ich einen neuen Partner, einen neue Partnerin? Wie finde ich heraus, wen oder was ich will? Kann ich überhaupt noch jemanden finden? Wie soll ich mit der Liebessuche beginnen? Wie erhalte ich die gerade gefundene Liebe? Sind Seitensprünge erlaubt? Muss ich in einer Beziehung bleiben?“ sind Fragen, bei denen der Coach helfen kann“, so Berg-Peer. Ihr Buch „Sieben Schritte zur neuen Liebe“ gibt konkrete „Arbeitsschritte“ vor, die helfen,
Wo findet man einen guten Coach
Was einen guten Coach ausmacht, beschreibt Andrea Dirkes: Fragen Sie ihn oder sie: Was hat er für einen beruflichen Hintergrund, bevor er Coach wurde? Ist er ein gutes Vorbild, hatte er Führungs- oder Personalverantwortung? Lädt er Sie zu einem Kennenlerngespräch ein und ganz wichtig: Ist er Ihnen sympathisch? Denn nur, wenn Sie Ihr Coach fachlich und persönlich überzeugt, wird das Coaching erfolgreich sein.“ Bernhard Broekmann aus Wiesbaden, Senior Coach des DBVC, ergänzt: Zusätzlich brauchen Coaches einen gute Mischung aus psychotherapeutischem Know-how zur Begleitung von Veränderung und Know-how aus dem Bereich der Betriebswirtschaft. Er empfiehlt Coaches, die Mitglied des DBVC (Deutscher Bundesverband Coaching e.V.) sind oder bei den dort genannten Instituten ausgebildet wurden. Broekman: „Auf internationaler Ebene gibt es darüber hinaus den ICF (International Coach Federation), der eine gute Verbandsplattform für Coaching darstellt. Alexandra Schwarz-Schilling empfiehlt des Weiteren den Deutschen Coaching Verband e.V. (DCV): „Zusätzlich kann man natürlich alle von seriösen Verbänden zertifizierten Coaches oder dort ausgebildete Coaches empfehlen!“
Redaktion: Kati Hofacker
Monika says
Der Beitrag bringt es auf den Punkt. Meine Freundin ist leider auch auf ein dubioses Coaching reingefallen und hat mehrere Tausend Euro damit verloren. Kann nur davor warnen!
Gerd Mechnich says
Hallo Alina, falls Sie das lesen. Ich bin gerade bei einer Frau die sich Lifecoach nennt und könnte Ihnen so einiges darüber erzählen,
-5- says
Leider kann ich mich der „Lehrgeld Gruppe gezahlt“ anschließen. Habe für gutes Geld ein Hormoncaching gemacht. Viele , viele Versprechungen doch leider sagen die Werte und Zahlen was ganz anderes aus am Ende. Nach und nach kam dann raus das kaum einer nach dem Coaching seine „guten“ Werte behält.
Ich lege es nun ab unter neue Lebenserfahrung, aber werde definitiv kein Coaching mehr machen.
Viele Versprechungen und nichts dahinter.
Alina says
Hallo Hans-Josef Schreieck,
ich hoffe, Sie lesen das hier. Ich bin Journalistin und recherchiere gerade zum Thema „Abzocke durch Life Coach“. Ihr Kommentar hat mein Interesse geweckt – hätten Sie Lust, dass wir mal miteinander telefonieren oder privat schreiben?
Julia says
Habe auch ca. 5000 € Lehrgeld investiert, um Tipps aus dem Networkmarketing zu erhalten. Vorher wurde mir noch gesagt, ist individuell und nicht so ein Halligalli wie da draußen. Ähm ja, als Versicherungsmakler bestimmt authentisch viel copy and paste zu machen, jeden Tag 50 Leute anzuschreiben etc. (abgekupfert von anderen Strukturen, nichts individuell) Hebt mich definitiv von anderen ab *ironie* off. Ebenso Abkürzung zum Erfolg. Alles bullshit Aussagen.
Habe nun daraus gelernt und gehe die Extrameile.
Wer einen Coach will, sollte viel hinterfragen, vor allem dessen Aussagen und sich Zahlen und Daten schriftlich geben lassen (soweit möglich)
Susanne says
Meiner Meinung nach klare Abzocke
Schreieck Hans Josef says
Hallo. Unsere Tochter macht seit 18 Monate ein Coaching mit. Hat schon mehr als 100.000,- € investiert.
Ist das normal oder abzocke.
Mfg