Die prominente Bankrotteurin Anne Koark macht Hoffnung für ein Leben nach dem Konkurs.
www.tipps-vom-experten.de beschreibt in einem Tipp, der ab 10.3.2007 online sein wird,
wie das Leben nach der Pleite auch noch glücklich und erfolgreich sein kann.
Inhalt:
- Tausende von Einzelschicksalen
- Das Handy als Verführer
- Letzter Ausweg Selbstmord?
- Anne Koark:“Ich hatte alles verloren“
- 18 Monate warten auf die Schuldnerberatung
- Wer versagt ist kein Versager
- Justizministerin Zypris: Neue Hoffnung durch Gesetzesänderung
Tausende von Einzelschicksalen
Nicht erst seit den kürzlich erfolgten Riesenpleiten von Heros, Interflug, AgfaFoto oder BenQ ist Insolvenz wieder eines der am heißesten in Deutschland diskutierten Themen. Obwohl die Insolvenzen größerer Firmen dank der rosigen Wirtschaftsprognosen leicht abgenommen haben, ist noch keine Entwarnung in Sicht.
Außerdem verbannen auch wenige Prozent weniger Insolvenzen trotzdem Tausende von Menschen in die Arbeitslosigkeit. Diese Arbeitnehmer über 45, die noch vor wenigen Jahrzehnten leicht eine neue Stelle gefunden hätten, landen nun als Hartz-IV-Sondermüll in den Statistiken.
Hinter jeder Kündigung steckt ein Einzelschicksal und eine potenzielle Privatinsolvenz. Denn die Pleitegeschäfte der kleinen Einzelunternehmen und die Privatinsolvenzen haben drastisch zugenommen.
Die Zahlen des statistischen Bundesamtes erfassten im Jahr 2004 alleine insgesamt 49.123 insolvente Verbraucher, im darauf folgenden Jahr waren es bereits 68.898 (die zahlen von 2006 sind noch nicht veröffentlicht, zeigen aber die gleiche traurige Tendenz).
Auch die Zahl der selbständig Tätigen, die in die Pleite schlidderten, ist gestiegen.
Diese Zahlen sind täglich zu lesen, aber hinter jeder Pleite steckt ein erschütterndes Drama, wie ein kleiner Unternehmer, der 2005 unverschuldet nach einem Kundenbankrott in die Pleite rutschte, erzählt:
„Das Leben ist seit Beginn der Insolvenz geprägt von ständigem Kampf und stetiger Angst vor weiterem sozialen Abstieg. Sorgen, die einen nächtelang nicht schlafen lassen und an machen Tagen fast in den Wahnsinn treiben.“
Das Handy als Verführer
Gerade Jugendliche zwischen 16 und 17 Jahre bis Ende 20 machen besonders gerne Schulden, Handy-Rechnungen von 3000 Euro sind keine Seltenheit. Wenn die Rechnung eines Vertrags offen bleibt, werden auch schon mal neue Verträge abgeschlossen.
So summieren sich die Kosten für nicht bezahlte Handy-Verträge schnell auf Zehntausende von Euro. Die Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen haben regen Zulauf und lange Wartezeiten. Glücklicherweise, so lassen diese
vermelden, sind die Menschen bedeutend besser informiert, als noch vor wenigen Jahren. ca. acht Prozent der Haushalte in Deutschland gelten inzwischen als Insolvent,
eine erschreckende Zahl.
Was aber ist eine Insolvenz? Laut Definition gilt die Insolvenz (vom lateinischen insolvens, „nicht-lösend“, meint „Schuldscheine nicht einlösen könnend“) als die Eigenschaft eines Schuldners, der Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllen kann. Die Insolvenz ist gekennzeichnet durch die akute Zahlungsunfähigkeit, drohende Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung und unterwirft den Schuldner der Insolvenzordnung (InsO) als Rechtsgrundlage.
Letzter Ausweg Selbstmord?
Früher galt die Zahlungsunfähigkeit Vielen als die schlimmste Schande, aus der nur der Weg in den Selbstmord übrig blieb. Heutzutage sind die Gesetze etwas praktikabler geworden.
Für Privatpersonen besteht in Deutschland sogar die Möglichkeit der gerichtlichen Restschuldbefreiung, die nicht erst wie früher nach 30 Jahren greift, sondern nach einer kürzeren Zeit von sechs Jahren.
Trotzdem ist eine Insolvenz ein schlimmer Schicksalsschlag und ein Stigma, der nicht selten
sogar im engsten Freundeskreis verheimlicht wird.
Besonders schwer im Falle einer Insolvenz haben es Einzelunternehmen oder Selbständige, da es schwierig ist, die Trennung von Privatvermögen und Firmengeldern zu ziehen – nicht selten muss der Bankrotteur auch noch mit seinem eigenen Häuschen haften, um die Schuldner zufrieden zu stellen und das Insolvenzverfahren zu bezahlen.
Aber auch für kleine und große Firmen gibt es in der heutigen Zeit andere Auswege aus der Krise als der früher gebräuchliche Fenstersturz aus der Chefetage. Denn inzwischen gibt es Menschen, die sich um die zahlungsunfähigen Mitglieder unserer Gesellschaft kümmern.
Anne Koark: „Ich hatte alles verloren“
Eine davon ist die prominente Bankrotteurin Anne Kork. Die 43-jährige frühere Unternehmerin aus England lebt seit 21 Jahren bei uns. 1999 gründete sie gemeinsam mit einer Geschäftspartnerin das Unternehmen „Trust in Business“, das ausländische Firmen in Deutschland aufbaute und betreute. 2001 wurde das Unternehmen mit dem Breakeven Award für Existenzgründer ausgezeichnet, in der nationalen und internationalen Presse und den Medien wurden Berichte über Anne Koark und ihr Unternehmen veröffentlicht und sie betreute die Begleitdelegationen des kanadischen Premierministers. Seit dem 11. September 2001 häuften sich die Schwierigkeiten, ausländische Gelder flossen spärlicher, Firmen gingen baden, ein Bankrott nach dem anderen gemeldet, die Kunden blieben aus. Im März 2003, meldete Anne Koark für ihre Einzelfirma Insolvenz an. Damit war sie als Einzelunternehmerin nicht nur geschäftlich, sondern auch privat pleite. Sie verlor alles, ihre Altersvorsorge, ihre Eigentumswohnung, ihr Auto, ihr Handy, ihre Sparkonten.
18 Monate warten auf die Schuldnerberatung
Nachdem der zweifachen Mutter gesagt wurde, dass sie für einen Termin bei der Schuldnerstelle eine Wartezeit von 18 Monaten zu überbrücken hätte, entdeckte sie ihre Kämpfernatur. Sie nutzte ihre Energie, Abgebrannten und Illiquiden den Weg zurück in die Gesellschaft zu ermöglichen, versuchte das Thema Insolvenz aus der Stigmatisierung zu holen und einen Bankrott als Chance für einen Neuanfang zu begreifen. Anne Koark schrieb ein Buch mit dem paradoxen Titel „Insolvent und trotzdem erfolgreich“, das für Wirbel in der Wirtschaftswelt sorgte und rief einen Verein namens B.I.G.= Bleib im Geschäft e.V. zur Unterstützung von Bankrotteuren und von Unternehmern in Not ins Leben. Ihr Credo: Unternehmer, die so eine Krise gemeistert haben, sind hinterher bedeutend besser, als „Schönwetterkapitäne“. Ihr Buch hielt sich mehrere Monate auf den Bestsellerlisten, und nebenbei wurde ihr der Lady Business Award 2004 und der Sonderpreis beim großen Preis des Mittelstands 2005 verliehen.
Wer versagt ist kein Versager
Anne Koarks Bestseller ist wie ein Tagebuch gestaltet, Koark erteilt keine Rechtstipps und maßt sich nicht an, etwas besser zu wissen. Aber sie bricht mit ihrer Autobiographie ein Tabu und verleiht der Insolvenz ein Gesicht – ihr eigenes, und so macht sie die Insolvenz gesellschaftsfähig. Das Buch trägt nicht nur die Message „steh auf und kämpfe“ in sich, sondern regt durch die Gesellschaftskritik auch zum Nachdenken an. Koark zeigt, dass nicht jeder, der versagt, auch ein Versager ist. Anne Koark kämpft darüber hinaus gegen die geplante Neuregelung der Insolvenzverordnung. Dieses sieht vor, dass der Schuldner, statt der Gerichtskosten-Stundung den Betrag wieder voll übernehmen muss, und dass die Zeit bis zur Restschuldbefreiung von sechs auf acht Jahre angehoben wird. Außerdem macht Koark in Vorträgen Zusammenhänge zwischen solcherlei Gesetzesvorhaben und Phänomenen wie Insolventtourismus klar. Ein Beispiel: Da man z.B. in England nach einem Jahr schuldenfrei ist, nicht wie bei uns nach sechs oder acht, öffnen Pleitiers ihr neues Business einfach in England. Geld, das der deutschen Wirtschaft somit verloren geht.
Justizministerin Zypris: Neue Hoffnung durch Gesetzesänderung
Auch Justizministerin Zypris meint: „Leider wird in Deutschland ein wirtschaftlicher Zusammenbruch noch viel zu häufig als Endpunkt jeden unternehmerischen Handels verstanden. Dabei ist mit Tatenlosigkeit häufig weder den Gläubigern noch der Volkswirtschaft insgesamt gedient. Es ist deshalb dringend nötig, dass eine Insolvenz nicht länger als sprichwörtlicher ‚bürgerlicher Tod// begriffen wird, sondern auch als eine Chance für einen wirtschaftlichen Neubeginn. Immerhin hat der Kampf von Frau Koark, Frau Zypris und einiger Gleichgesinnter eine Wendung ins Positive vollbracht: Seit Dezember 2006 gibt es ein neues Gesetz, das besagt, dass kleinen Unternehmern und Privatpleitiers nicht mehr die volle Altersvorsorge genommen werden darf, so dass diese nicht Jahrzehnte später wieder zu Sozialfällen werden.
Redaktion Kati Hofacker – www.tipps-vom-experten.de
Bilder: www.pixabay.com
Weitere Infos zu diesem Thema finden Sie hier:
Die Suche nach uns Selbst – Selbstfindung & Selbsterkenntnis
Joachim says
Danke für den hilfreichen Beitrag über Insolvenz. Eine gute Freundin ist leider vor mehr als 10 Jahren aus gesundheitlichen Gründen in eine Schuldenfalle geraten und bisher hat sie kaum einen nennenswerten Ausweg gefunden. Vielleicht kann ihr jetzt eine Schuldenberatung noch helfen. Gut zu wissen, dass sie da kein Einzelfall ist und bereits in 2005 68.898 insolvente Verbraucher in Deutschland gemeldet waren.
Heike says
Über Insolventtourismus habe ich noch nie gehört, das ist aber eine Chance für Privatpleiters. Ich finde es gut, dass man ein Gesetz verabschiedet hat, das verbietet, die volle Altersvorsorge zu nehmen. Ich kann mich selbständig machen, ohne um meine Zukunft zu befürchten.