Nina Deißler, Beziehungscoach: Einer der Sätze, die ich in meinen Workshops für Singles immer wieder höre, ist: „Ich verliebe mich immer wieder in die Falschen“! Um das verändern zu können, lohnt es sich, genau zu betrachten: Was heißt das eigentlich und wie geht das: Sich falsch verlieben?
Der oder die Falsche – das kann für denjenigen, der es ausdrückt, vollkommen eindeutig sein. In der Praxis als Coach merke ich jedoch immer wieder: Wenn ich nachfrage, dann lande ich bei ganz unterschiedlichen Problemen. Falsch verliebt kann bedeuten:
Ich verliebe mich immer wieder in Menschen, die
- bereits vergeben sind.
- zwar angeblich auch verliebt sind, aber nicht die Art Beziehung wollen, die ich will.
- sich umgekehrt nicht in mich verlieben.
- mich nicht gut und respektvoll behandeln.
- eigentlich gar nicht zu mir passen.
Diese fünf Gründe kann ein Mensch meinen, wenn er sagt: „Ich verliebe mich immer wieder in die Falschen“. Doch dahinter stecken ganz unterschiedliche Dynamiken. Schauen wir uns das Stück für Stück näher an.
Dazu möchte ich vorausschicken, dass die meisten Menschen diese Dynamiken unbewusst erzeugen. Sprich: Auch wenn wir im Bewusstsein eine große Sehnsucht nach einer „echten“ Partnerschaft haben, sorgt häufig unser Unterbewusstsein dafür, dass wir uns boykottieren und in „die Falschen“ verlieben.
Was für uns im Verstand „falsch“ erscheint, kann für unser Unterbewusstsein vollkommen richtig und logisch sein. Und um genau diese Zusammenhänge geht es in diesem Artikel.
1. Falsch verliebt, weil der andere bereits in einer Beziehung ist
Menschen, denen es wiederholt passiert, dass sie sich in „Vergebene“ verlieben, haben oft zwar eine große Sehnsucht nach Liebe, aber auch ihre Probleme mit dem Thema Beziehung und Bindung. Hier kenne ich aus der Coaching-Praxis zwei Varianten:
- Der unglücklich Verliebte hat zwar Sehnsucht nach Liebe, aber auch Angst vor Nähe und Bindung. Sich in jemanden zu verlieben, der bereits gebunden ist, bedeutet eine „sichere Variante“ zu wählen. Denn die Sehnsucht kann voll ausgelebt werden, ohne dass die „Gefahr“ besteht, dass eine echte Beziehung mit Bindung entsteht.
- Der unglücklich Verliebte hatte ein unglückliches, andersgeschlechtliches Elternteil: Als Kinder ist es unser größter Wunsch, glückliche Eltern zu haben. In manchen Familien kommt es vor, dass ein Kind unbewusst die Verantwortung übernimmt, das andersgeschlechtliche Elternteil glücklich zu machen: Also die Tochter will, dass der Vater – der offenbar nicht glücklich ist mit der Mutter – dann von der Tochter die Liebe und Zuwendung erhält, die er sich wünscht. Andersherum der Sohn, der für die unglückliche Mutter da ist. Im Erwachsenenalter passiert es diesen Menschen sehr häufig, dass unglücklich verheiratete Menschen auf sie eine nahezu unwiderstehliche Wirkung ausüben.
2. Falsch verliebt in jemanden, der nicht dieselbe Art von Beziehung will
Heiraten oder wilde Ehe? Zusammenziehen oder jeder für sich? Kinder oder nicht? Monogam oder polyamor? Nichts davon ist falsch oder richtig, doch für eine gesunde, funktionierende Beziehung braucht es zwei Menschen, die annähernd dasselbe wollen. Auch wenn es heißt „Gegensätze ziehen sich an“: Wenn diese Gegensätze in den elementaren Werten der Partner oder eben in den Vorstellungen über die Art der Beziehung besteht, hat eine Partnerschaft keine Chance.
Das zweite oder dritte Date ist ein guter Zeitpunkt, das Thema generell anzusprechen: „Wie möchtest Du später mal leben?“ oder auch „Was sollte man über Dich wissen, wenn man eine Beziehung mit Dir beginnen wollte?“ führen in die Richtung, ohne direkt überstürzt zu wirken. Machen Sie sich klar: Nur ein Mensch, der dieselbe Art von Beziehung will wie Sie, ist ein potentieller Traumpartner.
Alle anderen sind bestimmt tolle Menschen – aber kein geeignetes „Partnermaterial“. Es gibt 8 Milliarden Menschen auf diesem Planeten: Finden Sie einen, der dasselbe möchte wie Sie (oder mehrere, falls sie polyamor sind…).
3. Falsch verliebt in jemanden, der sich nicht in mich verlieben kann
Von diesem Syndrom fühlen sich besonders häufig Menschen betroffen, die in der Kindheit zum Beispiel ein emotional unzugängliches Elternteil oder „Konkurrenz“ (durch Geschwister o.ä.) hatten. Sie sind es häufig „gewohnt“, um Anerkennung und Zuwendung kämpfen zu müssen und fühlen sich deshalb oft unwiderstehlich angezogen von Menschen, die sich nicht einlassen wollen oder „können“.
Manchmal hat es auch damit zu tun, dass der/die „Falschverliebte“ auch nicht gut darin ist, Anziehung und sexuelle Spannung zu erzeugen: Die sogenannte „Friendzone“ (die „Kumpelfalle“) erwartet all jene, die es mit dem Gegenüber so langsam angehen möchten, dass er/sie nicht bemerkt, dass überhaupt Interesse an „mehr als Freundschaft“ besteht. Häufig ist die Ursache hierfür ein schlechtes Verhältnis zur eigenen Sexualität und/oder starke Angst vor Ablehnung. Doch wie heißt es so schön: „Mut wird belohnt“ und „Liebe wird aus Mut gemacht“ – das sollte uns also nicht nur zu denken geben, sondern auch zum Handeln bewegen.
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