Teure Medikamentenvorauszahlungen, eingeschränktes Behandlungsspektrum für Kinder im Krankenhaus, weniger Kinderärzte in ländlichen Gebieten und erhöhte bürokratische Belastungen für Familien – zu diesem erschreckenden Ergebnis kam der Bundesverband „Aktionskomitee Kind im Krankenhaus e.V.“ (AKIK) in seinem Jahresrückblick bei der Gesundheitsversorgung von Kindern für das Jahr 2009.
Die ersten Schneeflocken des Jahres sieht Nele durch das große Fenster neben ihrem Bett. Die Achtjährige ist wegen einer Hirnhautentzündung im Krankenhaus. Selbst Weihnachten musste das Mädchen im Hospital verbringen. Aber Nele hat noch Glück im Unglück, das Krankenhaus ist nur knapp 30 Kilometer von ihrem Elternhaus entfernt, Mutter und Vater können sie wenigstens besuchen kommen. Dieses Glück haben nicht alle kleinen Patienten.
Wie das „Aktionskomitee Kind im Krankenhaus e.V.“ (AKIK) in seinem Jahresrückblick herausstellt, war 2009 für kranke Kinder insgesamt kein gutes Jahr. Insbesondere die Versorgung mit Kinderarztpraxen und Akutbetten auf dem Land, hat gelitten.
Sparen an falscher Stelle
„Für diese Einschnitte in die Versorgungsqualität von Kindern wurde ein grundsätzlicher Einsparzwang vorgeschoben. Seltsamerweise konnten aber gleichzeitig Milliarden für Banken, Automobilbranche und die Bauwirtschaft bereitgestellt werden“, sagt AKIK-Bundesvorsitzende Julia von Seiche-Nordenheim.
Wirtschaftlichkeitsberechnungen der Krankenkassen für Ärzte und Kliniken galten schon vor der Wirtschaftskrise auch für die Gesundheitsversorgung von Kindern. Dass kranke Kinder, in der politischen Debatte, fast nur noch als Kostenfaktoren verstanden werden, ist laut AKIK in diesem Jahr allerdings besonders auffällig gewesen. Diese Einstellung gegenüber den betroffenen Kindern und ihren Eltern spotte jeder Beschreibung. Schließlich mussten zahlreiche Kliniken – offiziell aus Gründen der Qualitätssicherung – ihr Behandlungsangebot für Frühgeburten aufgeben, während millionenschwere Rettungsschirme für marode Banken aufgespannt wurden.
Zudem verschärft das derzeitige Entlohnungssystem für Kinderärzte die Lage kranker Kinder: Da sich weder die kassenärztliche Vereinigung noch die Krankenversicherungen auf ein gesondertes Honorarverfahren für Kinderärzte in strukturschwachen Regionen und ärmeren Stadtteilen einigen konnten, sank dort 2009 die Versorgungsdichte von Kinderarztpraxen erneut merklich.
Zudem müssen Eltern heute nicht nur wesentlich häufiger für Medikamente und die Behandlung ihrer Kinder in Vorleistung treten, sondern sich auch mit ständig steigenden bürokratischen Anforderungen auseinandersetzen, „was eine unnötige zusätzliche Belastung für Familien in ohnehin schwierigen Situationen darstellt“, sagt die AKIK-Bundesvorsitzende.
„Dabei ist eine Sicherung der Versorgungsqualität für Kinder schon mit überschaubaren Finanzmitteln möglich“. Laut einer Studie des Aktionskomitees würde ein Zehntel der durch die Abwrackprämie verursachten Kosten genügen, um ein einheitliches und soziales Gesundheitsnetz für Kinder einzuführen.
„Bei allen Konjunkturmaßnahmen und Steuersenkungsversprechen dürfen wir die Schwächsten der Gesellschaft, die kranken Kinder, nicht vergessen. Daher werden wir uns 2010 weiter stark für eine hochwertige und flächendeckende Versorgung von Kindern einsetzen“, kündigt die AKIK-Vorsitzende an.
AKIK (Aktionskomitee Kind im Krankenhaus e.V.)
AKIK: Der AKIK-Bundesverband und seine Ortsgruppen setzen sich für die bestmögliche medizinische, pflegerische, therapeutische, pädagogische und psychosoziale Behandlung akut und chronisch-kranker Kinder im Krankenhaus ein. Zahlreiche Aktivitäten verfolgen das Ziel, kranke Kinder und ihre Familien in deren schwieriger Situation zu unterstützen.
Die EACH (European Association for Children in Hospital)-Charta wurde demnach von der AKIK zusammen mit anderen europäischen Schwesterverbänden verfasst. Darin werden basierend auf entsprechenden Artikeln der UN-Kinderrechtskonvention in zehn Punkten die Rechte von kranken Kindern im Krankenhaus und deren Umsetzung beschrieben. Der AKIK ist initiativ sowohl für die Zeit vor als auch während und nach dem Krankenhaus-Aufenthalt eines Kindes.
Redaktion: Patricia Kurz
Bild: fotolia.de
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