So kann die sanfte Pflanzenmedizin auch Ihnen helfen
Wann haben Sie zuletzt eine frische Orange gegessen, beim Kochen mit aromatischem Rosmarin gewürzt oder an einer duftenden Rose gerochen? Völlig unbemerkt haben in solchen Augenblicken die ätherischen Öle dieser Früchte, Kräuter oder Blumen über die Sinneszellen in der Nase ihr Gehirn erreicht und dort Einfluss auf ihre Gefühle genommen. Wie das funktioniert, welche zahlreichen anderen positiven Eigenschaften ätherische Öle haben und wie Sie sich diese zunutze machen können, lesen sie im folgenden Beitrag.
Inhalt
Was sind ätherische Öle?
Wie wirken ätherische Öle?
Einschränkungen und Nebenwirkungen
Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es?
1. Was sind ätherische Öle?
Ätherische Öle sind die reinste Essenz einer Pflanze. Ihr Name leitete sich vom lateinischen „Äther“ für „Himmelsduft“ ab, denn ein Öl kann aus über 400 verschiedenen Duftkomponenten bestehen.
Damit ist es für die Industrie bis heute nahezu unmöglich, einen Duft aus der Natur in all seiner Komplexität künstlich herzustellen. Die Pflanze nutzt die stark duftenden Öle als Insektenlockmittel oder als Fraßschutz, aber auch zur Vorbeugung vor Pilzbefall oder Besiedelung durch Bakterien.
Die Öle sind Produkte bestimmter Stoffwechselvorgänge und werden in Drüsenhaaren oder -schuppen, inneren Ölzellen oder Exkretbehältern gelagert, die sich in Blüten, Blättern, Wurzeln, Samen und anderen Teilen der Pflanze befinden können. Aus diesen Teilen kann man sie schließlich durch Wasserdampfdestillation extrahieren, wobei sich beispielsweise beim Zimt das Zimtblattöl in der Zusammensetzung grundlegend vom Zimtrindenöl unterscheiden kann.
Bei manchen Pflanzen, besonders Blumen, wird zunächst der Duft mit Hilfe von Ölen oder Fetten gewonnen, ehe das ätherische Öl durch Destillation abgetrennt wird. Ein bekanntes Verfahren zur Gewinnung wertvoller Blütendüfte ist die sogenannte „Enfleurage“, die fast nur noch in Frankreich eingesetzt wird. Stattdessen verwendet man heute in der Regel das Lösungsmittel Hexan. Manchmal kann 1 Liter ätherisches Öl bereits aus 30kg Pflanzenmaterial gewonnen werden, jedoch sind besonders die duftenden Öle bestimmter Blütenpflanzen sehr wertvoll und teuer. Beispielsweise benötigt man zur Gewinnung von 1 Liter Rosenöl 5000kg Rosenblüten, weshalb die Preise der ätherischen Öle oft sehr unterschiedlich hoch sind.
Als aufwändig gewonnene Pflanzenextrakte unterscheiden sich ätherische Öle deutlich von fetten Ölen wie beispielsweise Raps- oder Sonnenblumenöl, die durch Pressung bestimmter Pflanzenteile, oft Kerne und Samen, gewonnen werden. Während diese Öle einen Fettfleck hinterlassen, verdunsten ätherische Öle rückstandslos. Wenn sie testen wollen, ob sie ein reines ätherisches Öl gekauft haben oder ob es mit einem billigeren Öl gestreckt wurde, geben sie einfach ein paar Tropfen auf ein Blatt Löschpapier, auf dem nach 30 Minuten kein Fleck zurückbleiben sollte.
Ätherische Öle sind in Wasser schlecht löslich, dafür lassen sie sich gut mit fetten Ölen oder Alkohol mischen. Bei Raumtemperatur sind sie meist flüssig und erscheinen farblos oder leicht gelblich. Sie sind anfällig für Oxidationsreaktionen, weshalb sie dunkel und kühl gelagert werden sollten, da sie sonst verharzen und ihren Geruch verändern können.
2. Wie wirken ätherische Öle auf unsern Körper?
Die Moleküle ätherischer Öle sind sehr klein, weshalb sie über die Haut und die Schleimhäute in den Körper aufgenommen werden und dort ihre Wirkung entfalten können.
Sie gelangen dabei in den gesamten Blutkreislauf und bereits über das Einatmen werden Informationen an das Gehirn weitergeleitet, die Einfluss auf das vegetative Nervensystem sowie das Immunsystem nehmen können. Normalerweise verhindert die Blut-Hirn-Schranke, dass alle möglichen Stoffe von außen Einfluss auf unser Gehirn nehmen können.
Die Riechnerven der Nase sind jedoch von dieser Selektion ausgeschlossen, sie stellen nahezu die direkte Verbindung zu unserem Gehirn dar.
Ätherische Öle bestehen hauptsächlich aus Kohlenwasserstoff-Verbindungen, den Terpenen, Sesquiterpenen sowie aromatischen Verbindungen wie Phenypropanderivaten. Diese Stoffe sorgen jedoch auch für eine Reizwirkung auf der Haut, weshalb ätherische Öle häufig stark verdünnt angewendet werden. Das Wirkungsspektrum der Öle ist durch die Vielfalt der Inhaltsstoffe ebenfalls sehr groß:
Antiinflammatorisch: Die ätherischen Öle von Kamille, Arnika, Eukalyptus oder Kiefer wirken durch Hemmung der Prostaglandinsynthese entzündungshemmend, ohne dabei jedoch die Ursache der Entzündung zu bekämpfen. Dadurch können sie hautberuhigend und juckreizlindernd sein.
Ein weiteres äußerst effektives Öl ist das australische Teebaumöl, das selbst multiresistente Bakterien abtötet. Dadurch ist es ein äußerst potentes Desinfektionsmittel, das gerne gegen entzündliche Hautkrankheiten und Pilzinfektionen eingesetzt wird. Eine hohe Konzentration von Monoterpenen und Monoterpenolen sorgt zusätzlich für eine schnellere Heilung der Haut. Mehr Informationen auf melaleuca-alternifolia.com
Auswurffördernd: Eukalyptus-, Thymian-, Fichtennadel- und Kiefernnadelöl haben verflüssigende und lösende Wirkung auf den Schleim der Lunge und fördern somit das Abhusten.
Blähungen und Magen-Darm-Beschwerden: Die ätherischen Öle von Fenchel, Kümmel und Anis wirken regulierend auf die Produktion der Magensäfte und fördern durch eine erhöhte Durchblutung der Schleimhaut die Resorption von Gasen. Bestimmte Wirkstoffe von Wermut, Melisse, Thymian und Lavendel wirken außerdem anregend auf die Gallenproduktion und fördern somit die Fettverdauung.
Entwässernd: Goldrute, Birke oder Brennnessel erhöhen auf Grund ihrer Inhaltsstoffe die Harnausscheidungsmenge. Diese Kräuter werden jedoch in der Regel als Tee verwendet, das reine ätherische Öl spielt hier kaum eine Rolle.
Beruhigend: Lavendel, Melisse und Baldrian sind die bekanntesten schlaffördernden und beruhigenden Pflanzen. Ihre Wirkung ist auf eine Wechselwirkung mit dem sogenannten GABA-Benzodiazepin-Rezeptorkomplex zurückzuführen und ist so sanft, dass sie bereits bei Babys und Kindern eingesetzt werden können. Kamille, Lavendel und Majoran stimulieren ebenso die Ausschüttung von Serotonin.
Stimmungsaufhellend: Einige ätherische Öle können durch ihre Wirkung auf Thalamus und Hypophyse auch stimmungsaufhellende Wirkung haben. Dazu zählen Muskatellersalbei, Grapefruit und Litsea Cubeba.
Wärmend und krampflösend: Rosmarin oder Campher werden gerne zur Einreibung nach dem Sport, bei Zerrungen oder Muskelkater eingesetzt. Durch ihre analgetische Wirkung kommt es zu einem Wärmegefühl, teilweise mit Hautrötungen, sodass Schmerzen gelindert und Verspannungen gelöst werden können.
Antibakteriell, antimykotisch, antiviral: Eine der interessantesten Eigenschaften ätherischer Öle ist sicher deren Wirksamkeit gegen Bakterien, Pilze und Viren. Sehr viele Öle wirken antibakteriell, während hingegen eher wenige auch wirksam Pilze und Viren abtöten können. Hierzu gehören beispielsweise Thymian-, Lavendel-, Eukalyptus- und Teebaumöl. Ätherische Öle können durch die geringe Größe ihrer Moleküle die Zellmembran der Mikroorganismen durchdringen und greifen dort in deren Stoffwechsel ein.
3. Einschränkungen und Nebenwirkungen der Anwendung
Wie bereits erwähnt, können ätherische Öle unverdünnt zu Hautreizungen führen. Besonders wenn bereits Allergien gegen bestimmte Duftstoffe bekannt sind, sollte man vorsichtig sein, denn auch natürliche Duftstoffe, wie sie ätherische Öle enthalten, können diese Reaktionen hervorrufen. Um ätherische Öle sicher anzuwenden, sollte man ein Trägeröl verwenden, dass man mit dem ätherischen Ölen in einem Verhältnis von 1:100 vermischt. Besonders gut geeignet sind Jojobaöl und Arganöl.
Ätherische Öle sollten nicht mehr nach Überschreiten des Verfallsdatums angewendet und korrekt (dunkel und kühl) gelagert werden, da sonst durch den Anstieg der Peroxidzahl Hautreizungen hervorgerufen werden können.
Bestimmte Öle sind für Babys und Kleinkinder nicht geeignet, da sie einen Bronchienkrampf oder asthma-ähnliche Zustände bis hin zum Atemstillstand auslösen können. Dies betrifft campher- und mentholhaltige Öle sowie deren Zubereitungen (Ölmischungen, Salben) mit Campher, Menthol und Pfefferminzöl. Auch die ätherischen Öle von Basilikum, Fenchel, Rosmarin, Thymian, Salbei und Teebaumöl sollte man in konzentrierter Form vermeiden.
Ebenso sind für Schwangere einige ätherische Öle auf Grund ihrer durchblutungsfördernden Wirkung nicht geeignet. Hierzu zählt man Anis-, Basilikum-, Oregano-, Rosmarin-, Salbei- und Thymianöl. Dies bedeutet jedoch nicht, dass Babys keinen Fencheltee mehr trinken und Schwangere keinen Basilikum mehr über ihren Tomate-Mozzarella-Salat streuen dürfen. Die Warnhinweise beziehen sich ausschließlich auf das hoch konzentrierte ätherische Öl. Die Anwendung der Kräuter als Tee und Gewürz ist hingegen unbedenklich.
4. Welche Anwendungsmöglichkeiten gibt es?
Den Nutzen der ätherischen Öle für Gesundheit, Schönheit und Wohlbefinden erkannten bereits die alten Ägypter. Sie verwendeten die Öle zur Wundheilung, stellten Salben daraus her und verwendeten sie als Parfum oder Deodorant. Heute ist der Wunsch, sich auf altes naturheilkundliches Wissen zu besinnen, wieder allgegenwärtig. In Form unterschiedlicher Anwendungen können wir uns die heilsame Wirkung der Pflanzen zunutze machen:
Aromatherapie: Wie sie bereits gelesen haben, wirken ätherische Öle besonders gut auf bestimmte Körperfunktionen, wenn sie über die Nase aufgenommen werden. Am besten eignet sich hierfür eine Duftlampe, in der eine Kerze entweder eine sogenannte Duft-Tarte (die ätherischen Öle sind mit festen Fetten bzw. Wachs vermischt und können somit sauber gehandhabt bzw. dosiert werden) erwärmt und zum Schmelzen bringt, oder ein Schälchen mit Wasser, in das einige Tropfen des reinen ätherischen Öls gegeben werden.
In der Sauna kommen ebenfalls ätherische Öle, oft in Form von Mischungen, im Aufguss zum Einsatz. Auch in Erkältungssalben, die auf der Brust eingerieben werden, macht man sich die Aromatherapie sowie den auswurffördernden Effekt einiger Öle zunutze. Durch diese Art der Anwendung wird unser zentrales Nervensystem direkt beeinflusst und die Inhaltsstoffe der ätherischen Öle können ihre beruhigende, stimmungsaufhellende oder konzentrationsfördernde Wirkung besonders gut entfalten.
Hautpflege: Sehr viele ätherische Öle haben eine positive Wirkung auf unsere Haut. Sie werden in Salben, Cremes und Lotionen aber auch Gesichtsmasken oder Shampoos verwendet und wirken entzündungshemmend, juckreizlindernd oder wundheilungsfördernd. Viele Produkte kann man sich ganz einfach in der eigenen Küche selbst herstellen. Für eine Fußsalbe, die die Haut geschmeidig hält und Fußpilz vorbeugt, benötigen sie lediglich 100g Olivenöl, 10g Bienenwachs und 20-40 Tropfen Teebaumöl. Das Wachs mit dem Öl in ein kleines hitzebeständiges Gläschen geben und im Wasserbad erwärmen, bis alles geschmolzen ist. Das Teebaumöl hinzuträufeln, noch einmal umrühren und in kleine Einmachgläser oder Schraubdeckeldosen abfüllen, erkalten lassen, fertig.
Kochen: Dass ätherische Öle auch zum Kochen verwendet werden können, ist den meisten Menschen unbekannt. In der Literatur und im Internet wird von der inneren Einnahme oft ausdrücklich abgeraten. Dies liegt zum einen daran, dass die Öle natürlich verdünnt werden müssen, da sie sonst stark die Schleimhäute reizen können. Zum anderen muss auch auf Qualität geachtet werden, denn billige Öle unklarer Herkunft können durchaus pestizidbelastet oder gestreckt sein.
Vorrangig eignen sich ätherische Öle zum Aromatisieren von Getränken oder zur Herstellung eines aromatischen Öls. Auf 100ml Olivenöl geben sie dafür 10-20 Tropfen eines ätherischen Öls (z.B. Rosmarinöl) oder einer Mischung ihrer liebsten ätherischen Öle. Zur Zubereitung von Süßspeisen können auch wenige Tropfen Orangen- oder Zitronenöl in Kombination mit echter Vanille verwendet werden und zu neuen Geschmackserlebnissen führen.
Gesundheit: Die Verwendung ätherischer Öle in der Aromatherapie, in der Hautpflege oder auch innerlich angewendet schließt natürlich den Gesundheitsaspekt stets mit ein. Allgemein lässt sich sagen, dass die Anwendung ätherischer Öle bzw. deren Wirksamkeit bei verschiedenen gesundheitlichen Problemen auch wissenschaftlich recht gut erforscht ist.
Zur Beurteilung der Wirksamkeit von Arzneipflanzen wurde 1978 vom damaligen Bundesgesundheitsamt die Kommission E gegründet, die seitdem sogenannte Monografien von einzelnen Pflanzen erstellt. Eine Nullmonographie erhalten Pflanzen, deren Wirksamkeit nicht ausreichend belegt werden konnte, eine Negativmonografie gibt es für Pflanzen, bei denen die Nebenwirkungen überwiegen, sodass von der Anwendung abgeraten wird und eine Positivmonografie wird für Pflanzen ausgegeben, deren Wirkung bestätigt werden konnte und deren Nebenwirkungen als gering eingeschätzt werden.
Bis zum Jahr 1995 wurden 378 Pflanzen monografiert, davon erhielten 208 eine Positivmonografie. Mittlerweile gibt es viele sogenannte Phytopharmaka auf dem Markt, also Arzneimittel, die ätherische Öle und andere pflanzliche Stoffe als wirksamen Bestandteil enthalten, und deren Wirksamkeit und Unbedenklichkeit in aufwändigen klinischen Studien auf hohem wissenschaftlichen Niveau belegt wurden. Damit hat die Verwendung von Pflanzen und deren ätherischen Ölen zu therapeutischen Zwecken längst den Sprung von der mittelalterlichen „Hexenkräuterküche“ in die moderne Zeit geschafft.
Fachredaktion: Phillip Thurner, www.ätherisches-öl.com
Redaktion: Nedelina Rechenmacher
Bilder: Pixabay
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Vini says
Vielen Dank für den kompakten und übersichtlichen Beitrag. Ich wusste gar nicht, dass es so viele verschiedene Sorten gibt. Gibt es irgendein Öl, dass du für die Sauna empfehlen würdest?