Die Zahlen sind alarmierend! Neueste Studien haben gezeigt, dass sich eine neue Volkskrankheit in Deutschland rasend schnell verbreitet. Mindestens vier Millionen Betroffene soll es geben, doch die Dunkelziffer ist hoch. Und die Symptome sind weder Rückenschmerzen, noch Kreislaufschwierigkeiten oder Atemprobleme. Es sind Niedergeschlagenheit, Depressionen und Erschöpfung. Denn diese Volkskrankheit sind psychische Störungen. Doch woher kommt dieser Anstieg von Betroffenen, welche Ursachen die psychischen Störungen haben und was kann man dagegen tun – hier ein Erklärungsversuch…
Inhalt:
- Die Gründe: Die Suche nach Glück kann zerstörerisch sein
- Hohe Anforderungen führen zu Druck und Stress
- Depressionen, Angst, Erschöpfung – welche Formen psychischer Störungen gibt es
- Woran erkenne ich, dass ich unter einer psychischen Erkrankung leide
- Depression als gesunde Antwort auf Überforderung
- Die wichtigsten Auslöser und Personengruppen für psychische Erkrankungen:
- Was kann ich bei psychischen Erkrankungen tun
- Medikamente können helfen – oder auch nicht
- Johanniskraut: der natürliche Glücksmacher
- Die Psychotherapie
- Das Tiefenpsychologische Verfahren
- Die Verhaltenstherapie
- Hier finden Sie Hilfe
- Weitere Anlauf- und Beratungsstellen für psychische Erkrankungen:
Immer mehr Menschen leiden unter psychischen Erkrankungen wie Angst, Erschöpfung und Depressionen.
Herr Jakob arbeitet seit vielen Jahren im gehobenen Management eines Großhandelsvertriebs. Bisher sehr erfolgreich. Doch seit knapp sechs Monaten leidet er vermehrt unter Schlafstörungen. Er fühlt sich schlapp und erschöpft. Selbst am Feierabend schafft er es nur noch selten zu seiner Skatrunde. Stattdessen sitzt er ermattet vor dem Fernseher und grübelt vor sich hin. Ein Besuch beim Hausarzt führte zu keiner klaren Diagnose. Herr Jakob wurde erst einmal krank geschrieben. Doch sein Zustand ändert sich nicht. Im Gegenteil. Die Symptome werden immer schlimmer.
Anneliese H. ist stolze Mutter eines 7 jährigen Sohnes. Als Verkäuferin eines Modegeschäfts verdient die Alleinerziehende genug, um sich und ihrem Sohn ein gutes Leben zu ermöglichen. Einmal im Jahr ist sogar ein kleiner Urlaub möglich. Ihr Sohn ist gut in der Schule, hat viele Freunde und fühlt sich in dem Tageshort wohl. Trotzdem hat Anneliese H. immer häufiger undefinierbare Angstgefühle, traut sich an manchen Tagen sogar nicht mehr auf die Straße. Ihr Arzt verschreibt ihr Beruhigungsmittel. Doch die Angst bleibt. An einen normalen Arbeitsablauf ist nicht mehr zu denken. Die Kündigung droht.
Diese beiden Fälle sind kein Einzelfall mehr. Die Anzahl der Menschen mit psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angstgefühlen oder Essstörungen nehmen deutlich zu. Nach einer aktuellen Studie der Krankenkassen sind bereits über vier Millionen Menschen in Deutschland davon betroffen. Die Weltgesundheitsorganisation WHO schätzt sogar, dass etwa 8 Millionen Menschen in Deutschland davon betroffen sind, dass jeder fünfte Mensch in seinem Leben mindestens einmal unter psychischen Störungen leidet.
Und die Dunkelziffer ist hoch. Denn auch wenn Prominente wie Skispringer Sven Hannawald oder Ex-Fußballspieler Sebastian Deisler offen über ihre psychischen Erkrankungen sprechen, ist eine entsprechende Störung für viele Betroffene noch peinlich. Sie verschweigen ihr Leiden, versuchen meist die Symptome zu unterdrücken und geraten so in einen Teufelskreis aus Leid, Druck und Verzweiflung, der sie noch weiter in ihre Erkrankung treibt.
Die Gründe: Die Suche nach Glück kann zerstörerisch sein
Erfolg, Glück, Selbstverwirklichung – auf all diese Ansprüche glauben wir heutzutage ganz selbstverständlich ein Anrecht im Leben zu haben. Doch dieser hohe Anspruch auf Erfüllung des persönlichen Glücks erzeugt Stress. Wer in der modernen Gesellschaft akzeptiert werden will, muss sich beweisen. Das fängt bereits in der Schule an. Neben dem Unterricht werden die Schüler von einem Nachhilfelehrer zum anderen geschickt. Dazwischen ist Klavierunterricht, Ballett oder Fechten angesagt. Alles zum Wohle der Kinder. Immerhin müssen sie sich später in der harten Realität behaupten. Im Arbeitsleben wird Ehrgeiz und Fleiß verlangt.
Überstunden gehören zum Alltag, Konkurrenzkampf ebenso. Wenn der Kollege besser ist, droht das Damoklesschwert Degradierung oder Die Volkskrankheit psychische Störungen kann zu Alkohol- oder Drogenmißbrauch führensogar Kündigung. Besonders schwer davon betroffen sind alleinerziehende Frauen und ältere Mitarbeiter. Sie müssen häufig immer noch mehr leisten als ihre Kollegen. Eine Kündigung kann zur Katastrophe werden. Denn wer stellt heutzutage noch eine alleinerziehende Mutter oder einen Arbeitnehmer über 40 ein?
Hohe Anforderungen führen zu Druck und Stress
Aber auch im privaten Bereich steht der Mensch ständig unter Druck. Drei Kilo zu viel auf den Hüften sind ein Albtraum wenn man sich mit den Supermodels aus der Werbung vergleicht. Normale Lachfalten im Gesicht sind ein Schönheitsmakel und kein Beweis von einem fröhlichen Charakter. Und wer nicht ständig nach den aktuellen Modetrends gekleidet ist, gilt schnell als Außenseiter. Entziehen kann man sich diesem Leistungsdruck kaum. Aber niemand ist perfekt. Ergo wird die Kluft zwischen dem Bild, dem man entsprechen will und dem wahren Ich immer größer.
Kein Wunder also, dass immer mehr Menschen ihren Frust zu unterdrücken versuchen. Die Zunahme an Alkoholkrankheiten, Drogen- oder Tablettenabhängigen ist nach Meinung von Experten ganz klar auf die heutige gesellschaftliche Erwartung zurückzuführen, dass jeder Mensch zu funktionieren hat. Psychische Krankheiten sind wie ein Spiegel der modernen Gesellschaft, der uns zeigt, dass der Mensch eigentlich nur als Produktionskraft herabgewürdigt wird.
Individualität, Eigenständigkeit und Charakterstärke sind nicht mehr gefragt. Das, was in unserer Gesellschaft als Glück und Erfolg verkauft wird, gibt es in der realen Welt so nicht. Doch der Druck den fiktionalen Vorstellungen der angeblichen „Glücksgesellschaft“ so nah wie möglich zu kommen kann sogar selbstzerstörerisch werden.
Depressionen, Angst, Erschöpfung – welche Formen psychischer Störungen gibt es
Die Palette der psychischen Störungen ist riesig. Und die Symptome sind abhängig davon, in welchem Stadium der Erkrankung der Betroffene ist. Klassisch sind natürlich Schlafstörungen, Essstörungen, Erschöpfungszustände, Angstzustände und Depressionen. Aber auch Kreislaufstörungen, permanente Kopf- oder Magenbeschwerden können Anzeichen einer psychischen Erkrankung sein.
Denn wie ein altes Sprichwort so sinnvoll auf den Punkt bringt: „Ein Problem kann leicht auf den Magen schlagen!“
Nicht jede kleine Niedergeschlagenheit, jeder Schlafstörung deutet gleich auf eine psychische Störung hin. Psychologen, Ärzte und Wissenschaftler sind sich einig, dass die Dauer und die Schwere der Symptome ausschlaggebend sind bei der Diagnose psychischer Erkrankung.
Woran erkenne ich, dass ich unter einer psychischen Erkrankung leide
Seelische Hochs und Tiefs kennt jeder Mensch. Zum Glück bedeutet nicht jede „Himmelhochjauchzen-Schlafstörungen gehören zu den häufigsten Symptomen bei psychischen Erkrankungenzu-Tode-betrübt-Phase“ sofort, dass der Betroffene unter einer psychischen Erkran- kung leidet. Meist helfen Gespräche mit Freunden oder Familienmitgliedern, ein schö- ner Urlaub oder eine eigenständige Verän- derung im Leben, dieses seelische Tal wieder zu verlassen.
Halten die Stimmungsschwankungen, die Niedergeschlagenheit oder die körperlichen Symptome länger an, sollte der Betroffene sich mit dem Problem psychische Erkrankung auseinandersetzen. Alleine sind dann die wenigsten Patienten in der Lage sich zu helfen. Die Stiftung Deut- scher Depressionshilfe veröffentlicht auf ihrem Online-Portal erschreckende Zahlen. Dort heißt es, dass „die große Mehrheit der jährlichen 10.000 Suizide und ca. 150.000 Suizidversuche in Deutschland auf dem Boden einer nicht optimal behandelten Depression erfolgen.“
Es gibt einige Fragen, die im Selbsttest die Annahme psychische Erkrankung zulassen:
- Erkenne ich mich selbst nicht wieder und fühle mich sehr unwohl in meiner Haut?
- Kann ich keinerlei Freude, Empathie, Interesse mehr für mich und meine Umgebung empfinden?
- Alltägliche Aufgaben kann ich nur noch unzureichend und mit großer Mühe bewältigen?
- Schlafe ich schlecht oder kaum noch?
- Vermeide ich tiefsinnige und ernste Gespräche mit mir nahestehenden Menschen?
- Leide ich unter Appetitlosigkeit oder Fress-Flashs?
- Reagiere ich schnell gereizt, aggressiv und abweisend?
- Habe ich Selbstmordgedanken?
- Fällt meiner Umgebung mein verändertes Verhalten auf?
- Leide ich unter körperlichen Beschwerden für die es keine medizinische Erklärung gibt?
- Habe ich ein Alkohol-,Drogen- oder Tablettenproblem?
- Ist das schon länger als zwei bis drei Monate so?
Wer mehrere dieser Fragen mit Ja beantworten kann, gilt auf jeden Fall als gefährdet. Eine ausschließliche Selbstdiagnose zu stellen ist aber gefährlich. Es sollte auf jeden Fall ein Arzt oder Psychologe eingeschaltet werden. Die Diagnose psychische Erkrankung ist sehr schwer. Für eine Depression müssen zum Beispiel mindestens zwei Kernsymptome erkannt werden: Niedergeschlagenheit, Interessensverlust, Freudlosigkeit oder Erschöpfung.
Aber Vorsicht: All diese Symptome können auch die Folge einer körperlichen Erkrankung, zum Beispiel eine vorhergegangene schwere Grippe, eine Pilzerkrankung oder Schilddrüsenfunktionsstörung sein.
Depression als gesunde Antwort auf Überforderung
„Kann man durch die richtige Wahl des antidepressiven Mittels die vollkommen aus dem Gleichgewicht geratene Ordnung eines Lebens, Körpers und Geistes wieder herstellen, ähnlich wie man durch eine gute Dosis Antibiotika eine Grippe beseitigt?“, fragt der französische Autor Philippe Labro in seinem Mehr als 20 Prozent der Patienten reagieren nicht auf antidepressive Medikamente„Bericht von meinen Depressionen“. Seine Antwort: „Erschütternde Ereignisse im Laufe eines Lebens lassen sich nicht durch Chemie erklären…
Das Abklingen eines inneren Erdbebens kann man nicht auf den Einsatz eines Wundermittels reduzieren.“ Er weiß, von was er spricht. Der ehemalige Chef von RTL Frankreich war lange depressiv und wurde medikamentös behandelt. Sein Unglück: Um geheilt zu werden, schluckte er jeden Tag ein Dutzend Medikamente. Leider ohne Erfolg, er war schlichtweg resistent gegen die Medikamente. Und er ist kein Einzelfall. In dem Bericht „Angst ist ein wütender Geier“ auf „Zeit online“ werden die Ergebnisse der Studien von Marianne Leuzinger-Bohleber, Direktorin des Sigmund Freud Instituts in Frankfurt und dem britischen Psychoanalytiker David Taylor verwiesen.
Da heißt es, das „mehr als 20 Prozent der Patienten reagieren überhaupt nicht auf antidepressive Medikamente. Und ein Drittel der Patienten, die zunächst auf die Medikamente reagieren, erleidet innerhalb eines Jahres einen Rückfall, 75 Prozent innerhalb von fünf Jahren.“ Frau Leuzinger-Bohrleben vertritt im selben Bericht ihre These, dass „Depressionen möglicherweise eine „gesunde Antwort“ auf wachsende gesellschaftliche Anforderungen und Überforderungen sind.“
Das bedeutet, dass der Patient erst dann geheilt werden kann, wenn er sich den Auslösern seiner psychischen Erkrankung, also dem Druck, den hohen Anforderungen und vor allem seinen Schwächen und seiner Fehlbarkeit stellt.
Die wichtigsten Auslöser und Personengruppen für psychische Erkrankungen:
Stress im Beruf
Heutige Arbeitsbedingungen sind nicht vergleichbar mit früher. Mobbing, ständiger Jobwechsel, Zeitverträge, Konkurrenzkampf sind nur einige Beispiele für den Druck, den viele Arbeitnehmer penetrant Arbeitsstress und Existenzangst erhöhen die Gefahr an psychischen Störungen zu erkrankenim Beruf ausgesetzt sind. Wer seinen Job verliert sieht sich schnell monate- oder jahrelang in der Warteschlange des Jobcenters stehen.
Dann doch lieber wieder stillschweigend Überstunden in Kauf nehmen. Der neue Kollege ist außerdem besser ausgebildet und mindestens zehn Jahre jünger. Und ältere Arbeitnehmer sind trotz größerer Berufserfahrung nicht so gefragt wie ihre jüngeren Konkurrenten. Ständiger Erfolgszwang fordert seinen Tribut. Die Seele hat keine Chance mehr sich von diesem Dauerbeschuss zu regenerieren und wirkt dem Stress mit seelischen Erkrankungen, Erschöpfungszuständen, Mutlosigkeit oder Depressionen entgegen.
In vielen Fällen werden die psychischen Erkrankungen jahrelang nicht diagnostiziert, da sie sich in körperlichen Symptomen wie Rücken- oder Kopfschmerzen, Magenproblemen oder ähnlichem manifestieren. Das Erschreckende daran: Wer unter psychischen Erkrankungen leidet, wird durchschnittlich 64 Tage (!) im Jahr krankgeschrieben. Das ist für den betroffenen Patienten, aber auch für die Wirtschaft verheerend. Die Stiftung Deutsche Depressionshilfe veröffentlicht dazu: „Die Kosten in Folge depressionsbedingter Frühberentung liegen bei ca. 1,5 Milliarden Euro … Tendenz steigend.“
Existenzangst
Altersarmut, Jobverlust, Preisanstieg, Niedriglöhne – es gibt wohl keine Altersgruppe in Deutschland mehr, die keinen Grund hätte sorglos in die Zukunft zu blicken. Der Duden definiert das Wort Existenzangst folgendermaßen: Die Angst, das eigene Leben nicht zu meistern, den Sinn des Lebens zu verfehlen oder vor dem wirtschaftlichen Ruin. Weitreichender und allumfassender kann eine Angst kaum sein.
Wer einmal in den Fängen dieser Angstzustände ist, hat kaum eine Wahl. Er muss verzweifelt nach allen Seiten des Lebens kämpfen. Gleichzeitig erfasst ihn die Furcht keine Chance zu haben, wie Don Quichotte gegen Windmühlen zu kämpfen. Die Verzweiflung wird immer größer – und damit die Gefahr psychisch aufzugeben.
Alleinerziehend
Knapp 20 Prozent aller Kinder in Deutschland wachsen nur bei einem Elternteil auf. Über 80 Prozent der Alleinerziehenden sind Frauen. Auch wenn das aus dem Munde so mancher Politiker/innen so einfach Job, Haushalt, Kindererziehng – Alleinerziehende leiden unter extremer Mehrfachbelastungwirkt, haben gerade diese Frauen unter einer Mehrfachbelastung zu leiden. Sie arbeiten, erziehen die Kinder und schmeißen so nebenbei noch den Haushalt.
In der Werbung taucht dann die Frau perfekt gestylt mit dem kleinen Kind auf einem Arm und der Einkaufstüte auf dem anderen Arm fröhlich gelaunt im freundlichen Zuhause auf und gönnt sich als kleine Erholung einen Schokoriegel und schon sieht die Welt noch schöner aus. Mit der Realität hat das wenig zu tun. Die Wahrheit ist, dass Alleinerzieh- ende trotz dieser Dreifachbelastung meist am Rande oder unter dem Existenzminimum leben.
Die hohe Anzahl der beruflichen Fehltage, eine Folge der Kindererkrankungen, zahlreiche Schulferientage und mangelnder Betreuungsmöglichkeiten der Kinder erschweren die Situation noch. Eine durchgängige berufliche Karriere gehört eher zum Seltenheitsfaktor. Eine Möglichkeit dem Teufelskreis aus Mutter, Hausfrau und Arbeitnehmerin auszubrechen auch. Das wissen auch die Arbeitgeber. Alleinerziehende müssen deshalb besonders Leistungsstark im Beruf agieren und werden dafür auch noch schlechter entlohnt.
Übersteigerter Perfektionismus
Bevor Katharina G. aus dem Haus geht, braucht sie gute zwei Stunden im Badezimmer um sich „ausgehfertig“ zu machen. Die Haare müssen perfekt sitzen. Beim Make-up benötigt sie unzählige Salben, Cremes und Puder. Jeden Morgen und Abend steht sie auf der Waage und registriert mit Schrecken jedes Gramm, dass auf der Anzeige mehr erscheint. Ihre Wohnung ist klinisch rein, kein Staubkrümel darf zu sehen sein.
Um ihren Reinlichkeitsdrang auszuleben opfert sie fast ihre ganze Freizeit. Denn Aussehen und Umgebung müssen ganz den Hochglanz-Werbeprospekten und Clips im Fernsehen entsprechen. Katharina G. ist eine Perfektionistin. Eine von vielen. Viele Menschen versuchen ihre innere Unzufriedenheit, ihre Ängste und Schwierigkeiten durch übertriebenen Perfektionismus zu meistern. Egal ob im privaten Bereich, in der Familie oder im Beruf. Innere Ordnung durch äußere Ordnung erschaffen nennen Psychologen dieses Phänomen.
Nur leider funktioniert das nicht. Es ist eine Art Übersprunghandlung, der niemals Erfolg haben kann. Denn je perfekter das Äußere, die Wohnung oder der Schreibtisch aussieht, umso stärker wird der Zwang, es noch perfekter zu machen. Dem eigenen Anspruch kann niemals genüge getan werden. Das eigentliche seelische Problem steht immer im Weg. Und damit auch die Ursache für das Unglücklich sein.
Informationsüberflutung
Morgens zum Kaffee erst einmal das Radio einschalten. Dann werden auf dem Smartphone die neuesten Emails gecheckt. Auf dem Weg ins Büro vermeldet das Tablet die aktuellen Nachrichten. Am Arbeitsplatz ist der Rechner auf ständige Aktualisierung eingestellt. Und abends läuft zum Essen im Hintergrund der Fernseher. Der Mensch in der Jetztzeit hat keine Chance der Informationsüberflutung zu entkommen. Zusätzlich muss jeder dank Handy jederzeit erreichbar sein. Das alleine ist Stress pur.
Doch dann kommt noch die Häufung der Schreckensnachrichten dazu. Die Ukrainekrise tobt. Die Kämpfer des Islamischen Staates wüten. Die Staatsschulden steigen. Bereits eine dieser aktuellen Nachrichten können Angst und Schrecken verbreiten. Alle zusammen sind besonders für sensible Menschen die reinste Katastrophe. Doch der moderne Mensch wird von dieser Informationsflut regelrecht überrollt.
Eine Selektion im Gehirn nach wichtig und nichtig ist häufig nicht mehr möglich. Die Folgen können Angstzustände und totale mentale Überforderung sein, eine regelrechte Explosion im Oberstübchen sozusagen.
German Angst
Im Ausland gibt es eine Bezeichnung für eine emotionale gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland. Sie heißt „German Angst“. Die Entwicklung ist besonders gut in der Pegida-Bewegung zu beobachten. Plötzlich stehen die eigentlich gut versorgten Mittelständler demonstrierend auf der Straße. Aber warum? Was macht ihnen so Angst, dass sie ihre Wut am liebsten lauthals herausschreien möchten? Es sind ganz bestimmt nicht einige Ausländer oder Kopftuchträgerinnen mehr in der Innenstadt.
Es ist die Angst, dass alles, auf was sie früher vertrauen konnten plötzlich nichts mehr wert und sicher scheint. Wird die Rente reichen? Sind meine Anlagen sicher? Welche politische Entwicklung wird unser Leben beeinflussen? Terror, Katastrophen, Glaubenskriege, Bankrotterklärungen gehören zu dem heutigen Leben dazu. Und diese Katastrophen sind ausschlaggebend, wenn plötzlich undefinierte Ängste auftreten.
Eben diese „German Angst“. Und diese Angst scheint in Deutschland besonders weit verbreitet zu sein. Die angeblichen Feinde und Schuldigen haben mit der Ursache dieser Angst nichts zu tun – und müssen trotzdem leider als Sündenbock herhalten.
Was kann ich bei psychischen Erkrankungen tun
Der Schweizer Psychiater Carl Gustav Jung sagte einmal: „Die Depression ist gleich einer Dame in Schwarz. Tritt sie auf, so weise sie nicht weg, sondern bitte sie als Gast zu Tisch und höre, was sie zu sagen hat.“ Wer unter Zwängen, Ängsten, psychischen Problemen oder Depressionen leidet, sollte folglich versuchen, sich mit seinen Problemen auseinanderzusetzen. Dabei gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, die je nach Stärke und Intensität der Erkrankung hilfreich sein können. Gänzlich ohne ärztliche Hilfe ist es jedoch in den meisten Fällen unmöglich die Erkrankung zu heilen.
Struktur, Bewegung, Entspannung
- Feste Strukturen im Alltag schaffen Ordnung im Leben. Zum Beispiel jeden Tag etwa zur gleichen Zeit ins Bett gehen. Regelmäßig einen halbstündigen Spaziergang an der frischen Luft machen oder sich für bestimmte Dinge feste Zeitabschnitte einteilen. Tätigkeiten, die regelmäßig vorgenommen werden spenden der Seele Ruhe und lenken ab.
- Meditation, Autogenes Training oder Entspannungsübungen können sehr hilfreich bei seelischer Angespanntheit, Unruhe oder Zwängen wirken. All diese Übungen können leicht zuhause oder im Büro Viel Bewegung an der frischen Luft und Konditionssportarten helfen bei Depressionen gemacht werden. Eine kurze Lehr- und Einführungsphase ist allerdings zuvor notwendig. Ohne Einführungskurs kann die progressive Muskelentspannung durchgeführt werden. Dafür die jeweilige Köperregion, zum Beispiel die Arme und Hände, ca. 10 Sekunden anspannen. Dann circa eine Minute entspannen. Die Übung mehrfach wiederholen. 15 Minuten braucht man etwa für alle Körperregionen. Experten raten die Übungen zweimal am Tag durchzuführen.
- Studien haben bewiesen, das Bewegung für Patienten mit psychischen Erkrankungen besonders wichtig sind, da hier das Glückshormon Serotonin im Körper freigesetzt wird. Am effektivsten haben sich Ausdauersportarten erwiesen, wie zum Beispiel Joggen, Fahrrad fahren oder Walken. Damit der positive Effekt tatsächlich zur Geltung kommt, die Trainingseinheiten bei Tageslicht und etwa drei bis fünfmal in der Woche einhalten.
- Setzen Sie sich Ziele. Allerdings nur solche, die Sie auch bewältigen können. Rom ist auch nicht an einem Tag entstanden. Also nicht gleich mit Mamutprojekten starten, sondern mit Kleinigkeiten. Und wenn es die Durchführung des Beschlusses ist täglich eine halbe Stunde spazieren zu gehen oder eine alte Freundin anzurufen.
- Psychische Störungen zu beheben dauert eine Zeit. Eine Grippe ist auch nicht nach drei Tagen vorüber. Egal ob die Erkrankung durch Psychotherapie oder Medikamente behandelt wird, eine Besserung der Stimmung tritt nicht sofort ein. Geduld ist beim Weg zur Genesung sehr wichtig. Kleine Erfolge zu feiern hilft der Motivation auf dem Weg zur Besserung gewaltig.
Medikamente können helfen – oder auch nicht
Bei schweren psychischen Erkrankungen raten Ärzte und Psychologen zum Einsatz von Medikamenten und Psychopharmaka. Vor allem um die Betroffenen erst einmal ruhig aus ihrer schweren Krise zu führen. Diese Präparate wirken hauptsächlich im Gehirn an den Nervenzellen um die Konzentration von Botenstoffen wie Serotonin oder Noradrenalin auszugleichen. Leider gibt es bei dieser Therapie keine Garantie.
Bei 20 Prozent der Patienten zeigt sich die Behandlung mit der chemischen Keule als wirkungslos. Außerdem beginnt die Wirkung der Medikamente erst nach drei- bis fünfwöchiger Einnahme. Nebenwirkungsfrei sind alle gängigen Medikamente wie Trizyklische Antidepressiva (TZA), Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder Serotonin-Noradrenalin-Wiederhaufnahmehemmer (SNRI) nicht.
Johanniskraut: der natürliche Glücksmacher
„Gegen jede Krankheit ist ein Kraut gewachsen“, heißt es im Volksmund.
Bei psychischen Störungen und Depressionen ist es das Johanniskraut. Es ist das einzige pflanzliche Medikament, dessen antidepressive Wirkung nachgewiesen wurde. Warum das Johanniskraut wirkt, weiß die Wissenschaft bis heute nicht. Allerdings ist Johanniskraut nur für leichte psychische Störungen geeignet. Tiefe psychische Störungen lassen sich durch Johanniskraut nicht beseitigen.
Die Psychotherapie
Bis zu 25 psychotherapeutische Sitzungen zahlt die Krankenkasse bei psychischen Depressionen und anderen psychischen ErkrankungenErnsthafte psychische Probleme lassen sich nur mit Hilfe eines Experten bewältigen. Dabei gibt es verschiedene Verfahren. Bei leichter bis mittel- schwerer Depression, Angstneurose oder Zwangs- vorstellungen hilft die Psychotherapie. Sie ist wissenschaftlich belegt, kombiniert meist Arznei- und Psychotherapie und sollte in etwa nach 25 Sitzungen erste Erfolge zeigen.
Ansonsten sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Besserung dras- tisch. Die Kosten dafür übernehmen die Kassen. Zentraler Mittelpunkt dieser Therapie ist die Wirkung von Verhalten und Gesprächen sowie die Beziehung von Therapeut und Patient.
Das Tiefenpsychologische Verfahren
Weiterhin gibt es das Tiefenpsychologische Verfahren nach Sigmund Freud, dessen Wirksamkeit jedoch bisher nicht nachgewiesen wurde. Hier geht es vor allem darum traumatische Erlebnisse in der Kindheit aufzuarbeiten, da diese die Wurzel für die psychischen Störungen sein sollen. Diese Therapie nimmt viel Zeit in Anspruch und dauert oft Jahre. Die Kasse übernimmt bis zu 300 Stunden.
Die Verhaltenstherapie
Bei der Verhaltenstherapie wird versucht die Handlungen des Patienten zu verändern. Depressionen sind in der Verhaltenspsychologie Ergebnisse von nachteiligen Lernprozessen oder dem Fehlen positiver Verstärkung. Die Behandlung soll helfen pessimistische Einstellungen durch positive Alternativen zu ersetzen.
Hier finden Sie Hilfe
Neben örtlichen Beratungsstellen – Kontaktdaten gibt es im Telefonbuch oder Internet – gibt es unzählige Anlaufstellen bei psychischen Störungen. Der Arzt, psychologische Kliniken oder der Geistliche der Gemeinde sind natürlich als Berater geschult. Auch die Telefonseelsorge ist rund um die Uhr für Betroffene unter den Telefonnummern 0800/111 0 111 und 0800/ 111 0 222 erreichbar. Die Gespräche sind kostenfrei.
Weitere Anlauf- und Beratungsstellen für psychische Erkrankungen:
Deutsches Büdnis gegen Depressionen
Telefonseelsorge
Weitere Infos zu diesem Thema finden Sie hier:
Redaktion: Patricia Hansen
Steffen says
Hallo allerseits,
sehr guter Ansatz von Nina und zuhören ist Gold richtig 🙂
Akzeptanz und Transparenz ist bei psychischen Erkrankungen sehr wichtig. Wichtiger ist noch, dass die Betroffenen darüber reden können.
Nina says
Eine Kollegin beginnt demnächst mit einer Psychotherapie. Da ich nicht so neugierig nachfragen wollte, bin ich dankbar für diesen informativen Artikel. Da ich jetzt mehr über mögliche Ursachen und Symptome einer Depression weiß, kann ich ihr vielleicht besser unterstützen.