Großer GTÜ-Praxistest zeigt, dass gute Schneeketten nicht unbedingt teuer sein müssen.
Wer des Öfteren in die Berge fährt oder zum Winterurlaub kann nach dem letzten GTÜ-Test getrost auch auf günstige Schneeketten zurückgreifen.
Wer in die klassischen Skigebiete nach Österreich oder in die Schweiz reist, sollte nicht nur mit Winterreifen unterwegs sein, sondern überdies auch Schneeketten mitführen. Vor allem Pass-Straßen können bei Schneefall zu einer echten Herausforderung werden. In solchen Situationen erweisen sich Schneeketten als erstklassige Steighilfe. Die GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung hat gemeinsam mit der Zeitschrift ACE Lenkrad acht Edelstahlketten ausführlich getestet.
Ring- und Seilketten unterscheiden sich primär durch die Art der Montage. Bei den deutlich teureren Ringketten wird der elastische Bügel, der die Kette als Ganzes trägt, mit einem Griff um das Rad gestülpt. Durch die Spannung im Ring hält die Schneekette ihre Position und muss nur noch auf der Vorderseite des Reifens verzurrt werden. Ringketten eignen sich besonders für Fahrzeuge mit engen Radkästen. Anders die klassische Seilkette: Das ebenfalls an einem Ring – ohne Vorspannung – befestigte Kettennetz wird hinter dem Rad durchgezogen, im Radhaus angehoben und anschließend verschlossen. Dann erst kann die Kette selbst auf dem Reifen ausgerichtet werden.
Im Test waren die Seilketten den Ringketten bei der Montage aber nicht grundsätzlich unterlegen. Der Grund: Ringketten müssen sorgsam angelegt werden, sonst kann über die Arretierkette, die sich gerne hinter dem Rad verhakt, keine oder nicht genügend Spannung zum Schließen der Kette aufgebaut werden. Darüber hinaus muss beim Montieren das Rad rund eine viertel Umdrehung bewegt werden.
Bei der Oberland Kettenstar sowie der Rudmatic Classic von Rud waren jeweils zwei Anläufe nötig, bis die Ketten richtig ausgerichtet waren. Mit etwas Übung sind die qualitativ hochwertigen Ringketten beider Anbieter nach rund zehn Minuten montiert. Gut: Die Oberland-Kette verfügt über ein so genanntes Variosystem, das eine Anpassung an verschiedene Reifengrößen ermöglicht. Den Praxistest absolvierten beide Kandidaten mit Bravour. Das Anfahren auf Schnee lief problemlos und bei Kurvenfahrten war die Seitenführung nahezu ideal.
Bei den Seilketten zeigte im Kapitel Handhabung die O-Tec von Ottinger ihr Können. Sie schnitt mit der höchten Punktzahl am besten ab. Der Grund: Neben der Qualität überzeugt die Kette, die sich durch ihre speziellen Schutzkappen besonders für Leichtmetallfelgen eignet, durch eine simple und schnelle Montage. Nach fünf Minuten ist die Schneekette auf dem Reifen. Der Kraftaufwand ist minimal, die Verschlüsse sind einfach zu betätigen. Selbst Ungeübte haben kaum Probleme beim Aufziehen. Im Praxistest war bei Kurvenfahrt ein Untersteuern zu spüren. Ansonsten zog die O-Tec brav ihre Spur. Das verdankt die Ottinger-Kette auch einem Kettennetz aus sich kreuzenden Gliedern.
Überzeugend schnell in der Montage waren im Test auch die Rud Compact sowie die Thule CB 12. Bei der Rud gefällt neben den guten Fahreigenschaften die intelligente und leicht zu justierende Spannvorrichtung, durch die ein mitunter umständliches Nachspannen entfällt. Die Thule-Kette muss im Kapitel Montage einen Punktabzug in Kauf nehmen, weil beim Aufziehen im Test ein zweiter Anlauf notwendig wurde. Die Spannkette hatte sich verhakt. Im zweiten Versuch war die Schneekette bereits nach vier Minuten einsatzbereit. Ein Grund dafür: der einfache Verschluss. Die Fahrprüfung absolvierte die günstige Seilkette ohne größere Beanstandungen. Nur bei Kurvenfahrt könnte die Seitenführung noch besser sein.
Preislich interessanter ist die Filmer Super Grip. Mit 30 Euro ist sie das absolute Schnäppchen unter allen getesteten Ketten. Sowohl im Fahrtest als auch in der Handhabung enttäuschte die Billig-Kette nicht. Zudem ist sie leicht zu montieren. Dauer: zehn Minuten pro Rad. Abstriche müssen bei der Qualität gemacht werden. Die Kette wirkt nicht so robust wie die der Konkurrenz.
Deutlich teurer, aber auch qualitativ besser ist die Pewag Sportmatic. Die Montage geht allerdings nicht so richtig flott von der Hand. Schuld daran ist der Klickverschluss, mit dem der Ring zusammengefügt wird. Er lässt sich nur widerwillig schließen. Zudem ist viel Kraftaufwand nötig, um die Kette zum vollständigen Ausrichten und Schließen über den Reifen nach vorne zu ziehen. Erst beim zweiten Anlauf klappte die Montage reibungslos. Der gute Qualitätseindruck sowie die recht ausgewogenen Fahreigenschaften sprechen wiederum für die aufwändige Pewag-Kette. Etwas mehr Lenkpräzision wäre jedoch wünschenswert.
Damit kann wiederum die Thule CS 10 dienen. Beim Fahren überzeugte die Kette. Lediglich in der Handhabung zeigte sie Schwächen. Der Haken zum Schließen der Kette ist extrem fummelig. In einem engen Radkasten ein Ärgernis. Nach dem zweiten Versuch (10 Minuten) saß die gut verarbeitete Kette dann perfekt. Eine geradezu tolle Lösung hat sich Thule zur Demontage einfallen lassen. Man muss lediglich an einem Haken ziehen und die Kette fällt wie von Geisterhand auseinander – kein Rangieren, kein Fummeln im Radkasten. Keine andere Kette bietet das. Doch das Abnehmen der Ketten gibt auch bei den Konkurrenten keine großen Rätsel auf.
Noch ein Tipp der GTÜ-Experten für den Ernstfall: Egal welcher Kettentyp letztlich zum Einsatz kommt, ohne eine „Probestunde“ in der trockenen Garage kann die Montage schnell zu einer Sisyphus-Arbeit werden, denn das generelle Handling der Ketten ist gerade für Anfänger nicht immer ganz einfach. Wer die Montage beispielsweise bei Schneetreiben und ungeduldigen Autofahrern durchziehen muss, dürfte trotzt Minusgraden leicht ins Schwitzen kommen. Mit etwas Übung lässt sich das spielend verhindern.
Fazit des GTÜ-Tests: Der Preis macht letztlich den Unterschied aus. Die Filmer-Kette kann diesen Test für sich entscheiden, weil 30 Euro konkurrenzlos günstig sind und das Produkt auch keine großen Schwächen hat – eine ideale Kette für Autofahrer, die nicht ständig auf Schneeketten angewiesen sind. Unser Tipp: Wer Ketten dauernd einsetzen muss, für den lohnen sich mit Sicherheit die teueren Produkte
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