Zucker macht dick. Zucker ist gefährlich. Zucker macht krank. Mit diesen und ähnlichen Parolen hat die Zucker- und Lebensmittel- industrie jahre- lang den Konsum von Zucker verteufelt. Und der Verbraucher glaubte diesen Aussagen, vor allem, nachdem bekannte Ärzte und Ernährungswissenschaftler gleichzeitig lauthals vor den gesundheitlichen Risiken des Zuckers eindringlich gewarnt haben. Das Paradoxe dabei: In den letzten 30 Jahren ist der Zuckerkonsum um beinahe 50 Prozent gestiegen! Wie kann das sein, fragt sich der besorgte Bürger. Die Antwort ist simple: Der Verbraucher wurde von der Lebensmittelindustrie getäuscht, belogen und betrogen. Ihr Zaubermittel bei diesem Betrug: Süßmacher!
Inhalt:
- Ist Zucker gefährlich
- Warum essen wir soviel Zucker
- Ungesüßt und zuckerfrei – so wird der Verbraucher belogen
- Zuckerersatz und die gesundheitlichen Folgen
- Fruchtzucker ist gefährlicher als raffinierter Zucker
- Woher kommt die Zuckerlüge
- Die „ungesüßte“ Zukunft
- Die wichtigsten süßenden Zutaten/Süßstoffe, die der Verbraucher auf der Verpackung erkennen sollte
- Zuckerreiche Nahrung – Nein Danke! So geht’s
- Mehr Infos zum Thema
Ist Zucker gefährlich
Nein, behauptet der US-amerikanische Kinderarzt und Professor für Neuroendokrinologie (spezialisiert auf die Verknüpfung von Hormonsystem und Nervensystem) Robert Lustig, der bereits seit Jahren den Kampf gegen die Zuckerlüge betreibt. Seinen Studien nach ist der Zuckergenuss in Maßen absolut ungefährlich. Die Weltgesundheitsorganisation WHO ist der gleichen Meinung. Lustig spricht in der ARTE-Dokumentation „Die Zuckerlüge“ von gesunden 6 bis 9 Teelöffel pro Tag, die WHO sogar von 12 Teelöffeln täglich. Die Realität sieht jedoch anders aus. Durchschnittlich 17 Teelöffel Zucker nimmt ein Erwachsener in Europa täglich zu sich. Und das ist eindeutig gesundheitsschädlich. Die Folge können Erkrankungen wie Diabetes, Bluthochdruck, Herzerkrankungen und sogar Krebs oder Demenz sein. Aber: Der Konsument nimmt den Zucker nicht als normalen, raffinierten Zucker zu sich, sondern in Form von Süßmachern wie Maissirup, Saccharin oder Fruchtzucker. Und die lassen sich leicht in den Lebensmitteln verstecken.
Warum essen wir so viel Zucker
Zucker und Fett sind die Geschmacksträger schlechthin. Doch um gesund zu bleiben, haben die meisten Menschen in den letzten Jahren und Jahrzehnten ihre Ernährung umgestellt: biologische Produkte, gesunde Nahrungsmittel, fettfreie. Statt Eisbein gibt es mehr Salat. Der Cholesterinspiegel wird ebenso kontrolliert wie die Kalorienzahl der Nahrung. Statt Weißbrot gibt es Vollkornbrot. Und trotzdem steigt der tägliche Konsum von Zucker stetig an. Ein Phänomen, das eine ganz einfache Ursache hat. Der Zucker wird in den industriell verarbeiteten Lebensmitteln regelrecht versteckt. Und das gilt für Milchprodukte ebenso wie für Bio- produkte oder angeblich zuckerfreie Lebensmittel für Kinder!
„Zucker hat beim Verbraucher ein negatives Image“, so Armin Valet, Hamburger Verbraucher- schützer, in dem Bericht „Die Zuckerlüge der Nahrungsmittelindustrie“ auf der Webseite „bestwater“. Da Zucker aber auch ein Geschmacksträger ist, müssen die Lebensmittel eben anders schmackhaft gemacht werden, damit der Kunde sie auch kauft. Und das geschieht über etliche süße Ersatzstoffe, die jedoch auch gesundheitliche Probleme hervor- rufen. Teilweise sogar mehr Probleme als weißer, raffinierter Zucker.
Deutsche Verbraucherzentralen haben über 275 verarbeitete Lebensmittel unter die Lupe genommen. Dabei wurden 70 verschiedene Bezeichnungen für Süßmacher gefunden. Darunter gehört zum Beispiel Fruchtzucker, Glukosesirup, Molkereierzeugnis, Magermilchpulver, Ahornsirup, Rübenzucker, Maltodextrin, Honig oder das berühmte Saccharin.
Ungesüßt und Zucker frei – so wird der Verbraucher belogen
Die Deklarationspflicht für verpackte Lebensmittel in Deutschland verlangt, dass alle Inhaltsstoffe des Produkts je nach Menge absteigend sortiert auf der Verpackung aufgelistet werden. Da weißer Zucker in der Gesellschaft ein negatives Image hat, wird nur wenig oder gar kein raffinierter Zucker bei der Produktion verwendet. Dafür rutscht der Zucker auf der Liste der Inhaltsstoffe ganz nach unten oder verschwindet gänzlich. Die anderen Süßmacher werden nur in kleinen Mengen dazugegeben und wirken dadurch in der Mengenangabe harmlos. Doch betrachtet man die gesamte Menge an Süßmacher ist das Ergebnis erschreckend. Amerikanische Studien belegen, dass der Zucker oder zuckerähnliche Anteil in verarbeiteten Lebensmitteln in den letzten Jahrzehnten immens gestiegen ist. Der Zucker wird also regelrecht versteckt. Und da kann es auch ohne Probleme vorkommen, dass bei Bio-Gummibärchen mit der Aufschrift „Garantiert zuckerfrei“ mehr Süßmacher enthalten sind als in herkömmlichen Gummibärchen. „Zucker gilt in diesem Bereich als rotes Tuch. Deshalb werden bei Bioprodukten statt Haushaltszucker häufig andere Zuckerarten verwendet, die aber keinen Deut besser sind“, erklärt Armin Vatel.
Zuckerersatz und die gesundheitlichen Folgen
Wer glaubt, dass natürliche Zuckerersatzstoffe wie Fruchtzucker gesünder sind, der irrt gewaltig. Immer häufiger bekommen Ärzte, Zahnärzte oder Kinderärzte Besuch von Patienten, die unter starkem Karies, schrecklichen Verdauungsproblemen oder nichtalkoholbedingter Fettleber leiden. Über 30 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Europa ohne Gewichtsprobleme sind von nichtalkoholbedingter Fettleber betroffen. Fast jedes dritte Kind hat bereits mit den Milchzähnen Karies. Und jeder vierte Europäer leidet unter der Fruktosemalabsorption, der Unverträglichkeit von Fruchtzucker. In vielen Fällen führt das zu einer Odyssee von Arzt zu Arzt bevor die richtige Diagnose gestellt werden kann. Jetzt einfach kein Obst mehr zu essen, ist vergebliche Liebesmüh. Denn in fast jedem industriell hergestellten Lebensmittel ist Fruchtzucker zu finden. Die Suche nach Lebensmittel wie Brot, Joghurt, Soßen, Wurst etc. ohne die versteckten Süßmacher gleicht einer Such nach der Nadel im Heuhaufen.
Fruchtzucker ist gefährlicher als raffinierter Zucker
Die landläufige Meinung ist, dass Zuckerersatz wie Fruchtzucker wesentlich gesünder ist als raffinierter Zucker. Dies stimmt leider nicht. Denn Fruchtzucker besteht zum Beispiel aus den zwei Molekülen Glukose und Fruktose. Glukose wird im Körper als Energieträger verwendet. Fruktose wiederum kann nur in der Leber verarbeitet werden und führt langfristig gesehen bei übermäßigem Genuss zu einer nichtalkoholischen Fettleber. Ganz zu schweigen von der oben angeführten Fruchtzuckerunver- träglichkeit unter der immer mehr Menschen leiden. Auch andere Zuckerersatzstoffe führen zu gesund- heitlichen Problemen. Robert Lustig hat zum Beispiel bei Untersuchungen in Europa festgestellt, dass beim täglichen Konsums nur eines zuckerfreien Erfrischungsgetränk, dass stattdessen mit Zuckerersatzstoffen gesüßt wurde, das Diabetesrisiko um 29 Prozent steigt, unabhängig, wieviel Gewicht der Proband auf die Waage gebracht hat. Andere Studien wiederum beweisen, dass 40 Prozent der Bevölkerung unter den Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Herzproblemen leiden wie stark Übergewichtige. Vor 30 Jahren litten hauptsächlich nur Übergewichtige an diesen Erkrankungen. Für normalgewichtige Menschen war das Risiko einer dieser Stoffwechselerkrankungen sehr gering.
Woher kommt die Zuckerlüge
Begonnen hat alles in den 1960er Jahren, als die Menschen ein neues Körperbewusstsein entwickelten. Schlank und durchtrainiert sollten sie sein. Plötzlich gab es „böse“ Stoffe wie Cholesterin, Fett und eben raffinierten Zucker. Künstlich hergestelltes Saccharin hingegen galt als Schlankmacher, war wesentlich billiger herzustellen als Zucker und verfügt über eine bis zu 700 Mal größere Süßkraft als der natürliche Süßstoff Zucker. Ähnlich verhält es sich mit Maissirup oder anderen Süßmitteln, die teilweise sogar in Amerika staatlich subventioniert werden. Die Zuckerindustrie stellte sich also auf den Wunsch der Kunden nach „gesunden Schlankmachern“ ein und süßte ihre Produkte mit Zuckerersatzstoffen. Dass diese Stoffe jedoch gesundheitsgefährlich sein können und die Konsumenten von industriell hergestellten Produkten regelrecht von einer heimlichen Zuckerwelle überrollt wurden, ließ man im geheimen. Der Konsument hatte also das sichere Gefühl gesund zu essen und wurde schlichtweg mit den Slogan „zuckerfrei“ oder „ungesüßt“ belogen. Sämtliche Studien, die die Gefahr von raffiniertem Zucker wieder- sprechen sollten und dafür die Risikos der Zuckerersatzstoffe belegen sollten, wurden von der Lobby der Zuckerindustrie behindert oder aufwendig widerlegt, erklärt der englische Professor Jona Yudkin, der in den 1970er Jahren anfing über die Zuckerlüge zu forschen, in der Doku „Zuckerlüge“.
Die „ungesüßte“ Zukunft
In den Vereinigten Staaten sind Zuckerersatzstoffe wie Maissirup oder Fruktose-Glukose-Sirup staatlich subventioniert und sind dazu billig in der Herstellung. Der Marktanteil in Softdrinks und Lebensmittel liegt bei 50 Prozent, berichtet die Webseite „bestwater“ in ihrem Bericht. In Europa ist die Quote von Fruktose basierenden Ersatzsüßstoffen bisher limitiert. Im Oktober 2017 fällt diese Quote und Experten rechnen mit einem verdreifachten Anstieg von Fruchtzucker in den Lebensmitteln. Für Menschen mit Fruchtzuckerunverträglichkeit ein massives Problem. Ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Risiken, die von den anderen industriell hergestellten Zuckeralternativen ausgehen und denen der Verbraucher schon seit Jahren unwissentlich ausgesetzt ist. Verbraucherschützer Armin Valet fordert deshalb in dem „bestwater“-Bericht: „Der Zuckerbegriff muss neu definiert werden, und zwar so, wie ihn die Verbraucher verstehen. Es muss Schluss sein mit der ganzen Unordnung in den Nährwerttabellen und Zutatenlisten und endlich Klarheit geschaffen werden.“ Robert Lustig geht noch einen Schritt weiter. Er sieht „Zucker als größtes Problem der heutigen Zeit!“ und hat die Befürchtung, dass durch die versüßten Lebensmittel eine Krankheitsepidemie auf uns zukommt, die vom Gesundheitssystem nicht mehr bezahlbar bleiben wird. Es ist also endlich die Zeit gekommen, diesem Versüßungswahn der Lebensmittelindustrie auf Kosten der Verbraucher und zu Gunsten ihres Profits Einhalt zu gewähren. Die Frage bleibt nur wie…
Die wichtigsten süßenden Zutaten/Süßstoffe, die vom Verbraucher auf der Verpackung erkannt werden sollten:
(Verbraucherzentrale Bayern e.V. Juni 2013)
Dextrin/Maltodextrin | Dicksaft | Dextrose |
Fruchtextrakt/-püree | Frucht-/Apfel-/Traubensüße | Fruktose |
Glukose/-sirup | Honig | Inulin |
Aspartam (E 951) | Saccharin (E 954) | Steviolglykoside (E 960) |
Laktose | Magermilchpulver/Vollmilchpulver | Maltrose |
Malzextrakt | Molkereierzeugnis/Molkenpulver | Joghurtpulver |
Oliofruktose/Raffinose | Acesulfam-Aspartamsalz (E 962) | Acesulfam-K (E 950) |
Zuckerreiche Nahrung- Nein Danke! So geht’s:
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert schon seit längerem eine gesetzliche Änderung und eine stärkere Kontrolle durch die Lebensmittelüberwachung, damit der Verbraucher nicht weiterhin der „Zuckerlüge“ verwirrt und hilflos entgegenstehen muss. Bis die Kennzeichnung und die Informationen der süßenden Substanzen jedoch tatsächlich übersichtlich für jeden auf der Verpackung vermerkt wird, muss der Verbraucher Eigeninitiative beweisen, um tatsächlich „ungesüßt“ und „zuckerfrei“ seine Nahrung genießen kann. Das einfachste Mittel ist natürlich, auf verpackte Lebensmittel zu verzichten. Denn bei der selbstgekochten Tomatensuppe weiß der Koch genau, was wirklich in ihr steckt. Bei der Tomatensuppe aus der Dose hingegen finden sich garantiert viele süßende Substanzen, auf die man lieber verzichten möchte. Ansonsten, zum Beispiel bei Wurst, Käse, Milchprodukten, Brot etc., lohnt sich ein genauer Blick auf die Zutatenliste. Auch wenn es etwas länger dauert.
Und noch ein Trick, um aus der Zuckerfalle zu entkommen. Wer für sich und seine Familie nicht auf gesunde Vitamine verzichten möchte, der sollte statt zum Fruchtsaft lieber zu frischen Früchten greifen. In einer Orange ist natürlich wie im Orangensaft Fruchtzucker enthalten. Doch die meisten Menschen essen nicht mehr als eine Orange auf einmal, während in einem Glas Orangensaft gleich der Fruchtzucker von mehreren Orangen steckt. Und das ist ungesund. Denn auch hier gilt die Regel: Weniger ist mehr
Redaktion: Patricia Hansen
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