Keine Lebensphase stellt größere Anforderungen an den Menschen als die Pubertät. Hormone spielen verrückt, Gefühle werden unkontrollierbar und der Körper vollbringt echte Schwerstarbeit. Der Eltern-Kind-Konflikt ist vorprogrammiert, Rebellion angesagt. Doch woher kommt plötzlich dieser Charakterwandel eines Kindes, was geschieht tatsächlich im Körper eines Jugendlichen und welche Tipps und Erziehungs-Strategien helfen Eltern und Jugendlichen auch diese Phase unbeschadet zu überstehen? Dieser Test verrät es Ihnen…
Zu Großmutters Zeiten nahm man sich noch Zeit – auch beim Erwachsen werden. Der Beginn des „Backfischalters“ lag damals noch bei 17 Jahren. Heute sind die Mädchen beim Start der Pubertät durchschnittlich 11 Jahre, die Jungs 12 Jahre – und nicht selten von den körperlichen, seelischen und gesellschaftlichen Veränderungen, die die Pubertät mit sich bringt, überfordert. Ebenso oft allerdings auch die Eltern, die miterleben müssen, wie aus ihrem süßen Nachwuchs plötzlich über Nacht ein widerspenstiges Monster geworden ist.
Der Begriff Pubertät stammt aus dem Lateinischen und bedeutet „Mannbarkeit“. Sie beginnt mit dem Ausstoß verschiedener Hormone die den Hypothalamus, eine Hirnanhangsdrüse, wachsen lassen, der dann wiederum das eigentlich weibliche Sexualhormon Östrogen produziert. Das männliche Sexualhormon Testosteron kommt erst ins Spiel, wenn bei den Jungen die Hoden ausgewachsen genug sind, die Produktion zu übernehmen. Die Folgen dieser neuen Hormonproduktion können in drei Phasen aufgeteilt werden. Phase 1 beinhaltet körperliche Veränderungen wie Brustwachstum, Schambehaarung oder wachsende Hoden und findet meistens zwischen dem 10 und 12 Lebensjahr statt. In Phase 2 (13 – 15 Jahre) treten erste Proportionsverschiebungen auf, Arme und Beine werden „schlaksig“, Pickel machen vielen Kids zu schaffen. Sie haben Identitätsprobleme, neigen zu übertriebenem Handeln und schießen sich einer Gruppe Ähnlichgesinnter an. In Phase 3 (16 – 18 Jahre) sind die erwachsenen Körpermerkmale unübersichtlich. Die Hinterfragung und Sinnfindung steht bei dem Jugendlichen im Vordergrund. Er kämpft für seine Selbstständigkeit und neigt trotzdem immer wieder zur Selbstüberschätzung. Die Auseinandersetzungen mit den Eltern gleichem einem Hurrikan.
Neben den körperlichen Veränderungen sind es aber die Veränderung im Gehirn statt, die wirklich anstrengend sind. Bisher nahm man an, dass das Gehirn eines sechsjährigen Kindes so gut wie ausgewachsen ist. Der amerikanische Psychiater Jay Giedd hat jedoch erwiesen, dass in der Pubertät das Gehirn einer „Baustelle“ gleicht. Bestimmte Zellen sterben ab um Platz für neue zu machen, neuronale Netze werden neu verknüpft. Im Grunde genommen wird das Gehirn überholt und auf die kommenden Lebensaufgaben eingestellt. Die Folgen dieser Umstellung sind vielschichtig. Launenhaftigkeit, Unberechenbarkeit, Konzentrationsschwächen oder Lernschwächen gehören noch zu den harmlosen Auswirkungen. Aber auch eine wesentlich erhöhte Risikobereitschaft lässt sich oft beobachten. Der Grund dafür: Der Teil des Gehirns, der für vernunftbezogenes Handeln zuständig ist, ist in der Pubertät geradezu unterversorgt und verweigert deshalb seine Mitarbeit. Seelische Probleme gehören ebenfalls zu den Begleiterscheinungen. 16,8 Prozent der Mädchen und 8,3 Prozent der Jungen leiden in dieser Lebensphase an Depressionen und Selbstmordgedanken. Und Krankheiten wie Diabetes mellitus 1, Epilepsie und Essstörungen tauchen vermehrt in der Zeit der Pubertät auf.
Die Heranwachsenden müssen sich plötzlich in einer für sie völlig neuen Lebensposition zu Recht finden. Die heile Kindheitszeit ist vorüber, Vater und Mutter sind plötzlich nicht mehr die alles wissenden Leitpersonen, sondern regelrechte Gegner bei der Durchsetzung eigener Bedürfnisse. Und diese Entidealisierung macht auch den Eltern große Probleme. Teenager stehen in einem ständigen Loyalitätskonflikt zwischen eigenen Ansprüchen und den Ansprüchen der Eltern. Der Weg zum eignen Ich ist steinig und unberechenbar für alle Beteiligten. Provokation, Rebellion und „Ausbruchsversuche“ aus gesellschaftlichen Vorgaben gehören dazu. Wenn die Eltern diese „unvernünftigen“ Handlungen als Spinnerei abtun und mit Strafen wie Hausarrest reagieren statt sich mit den Problemen des Jugendlichen auseinander zu setzen, kann es zu Katastrophe kommen. Je mehr sich die Kids von den Erwachsenen unverstanden fühlen, umso mehr ziehen sie sich zurück. Ihre Anti-Haltung zu den „blöden Alten“ verstärkt sich, ein Teufelskreis beginnt. Jetzt ist die Stärke und Toleranz der Eltern gefragt. Vertrauen aufbauen statt kontrollieren, loslassen statt führen, helfen satt behindern lautet das Grundrezept für eine best mögliche Erziehung. Das Wesentliche eines Streites ist zum Beispiel nicht unbedingt der Inhalt, sondern das überhaupt kommuniziert wird. Auch wenn schlimme Schimpfwörter fallen. Gerade diese bösen Titulierungen – Vollidiot, blöde Kuh etc sind noch harmlos – ermöglichen es den Kids, sich nach einem heftigen Streit wieder mit den „Alten“ zu versöhnen. Der Grund: das schlechte Gewissen, das ihnen intuitiv den Weg zum Friedensangebot ebnet. Aber auch die Eltern haben ihren Beitrag zu leisten. Wenn Mama plötzlich mit den gleichen grünen Haaren wie die Tochter auftaucht und Papa krampfhaft versucht HipHop-Bewegungen einzustudieren, kann das nur eine Konsequenz haben: Der Jugendliche wendet sich ab. Schließlich will er seinen eigenen Stil finden und bloß nicht mit „den Spießer“ verglichen werden. Reden und zuhören ist wichtig. Ebenso als Vorbild zu handeln und Konsequenzen zu verdeutlichen. Es ist wissenschaftlich belegt, dass die Eltern die zentralen Ansprechpartner der heranwachsenden sind, nicht wie oftmals angenommen die Freunde. Mit etwas Arbeit und Geduld bleibt dieses Vertrauensverhältnis auch während der Pubertät bestehen. Und wenn alles vorüber ist, kann man gemeinsam am besten über entartete Frisuren, seltsame Berufswünsche und peinliche Kicheranfälle lachen.
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Redaktion: Patricia Hansen
Bild: pixabay.de
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Ellamara Rodriguez says
Das stimmt nicht alles. Ich bin gestern 18 geworden, und ich habe meine Mutter gefragt, ob ich eigentlich ein schlimmer Teenie war. Sie hat gesagt, dass ich nicht einmal einen „Vernunftskonflikt (?!?!)“ hatte oder etwas ähnliches.
Und außerdem lügen auch nicht alle, Ulli Weber. Wie ihr klüger Kinderarzt meinte: Es liegt nicht NUR an Ihrem Sohn.
Überlegen Sie sich das bitte mal, bevor sie hier Dinge verbreiten wie
„alle lügen, alle haben loyalitätsprobleme, alle sind unvernünftig“
Und wie waren Sie als Jugendlicher?
Danke fürs Lesen,
Ella
Ulli Weber says
Ein sehr guter Artikel, er hilft….!! Alle lügen,alle haben Loyalitätskonflikte,alle sind unvernünftig. Als ich mich über die Lügen meines Sohnes äußerte, war der Kommentar meines klugen Kinderarztes: Überlegen Sie, warum er es nötig hat, zu lügen? Außerdem ist es wichtig, Verhalten von Person zu trennen. Jugendliche leben im Moment. Sind unglücklich über sich selbst, wenn sie sich nach extrem unangemessenen Verhalten beruhigt haben, fragen sich oft verzweifelt, warum sie sich selbst so geäußert/verhalten haben. D.h. aber nicht, das diese Einsicht zur sofortigen Änderung des Verhaltens führt. Es dauert. Haben wir alle mal erlebt und durchgemacht. Ich will nicht strafen, sondern lieber zuhören und verstehen. Habe aber auch schon eine Menge Fehler gemacht. Ich empfehle verzweifelten Eltern Jesper Juul.“Grenzen, Nähe, Respekt.“ Man kann nur sich selbst ändern und das wichtigste ist ,in dem Moment der Emotion ‚runterzukommen „-und sich selbst zu beruhigen. Wir Erwachsene sind immer Vorbilder. Ob wir wollen -oder nicht. Meistens reden Frauen (Mütter) zu viel, Männer zu wenig. Auch das kann sich ändern. Danke für diesen Artikel.