Man trifft ihn überall. Im Büro, in der Clique, beim Sport, auf Veranstaltungen oder in der eigenen Familie. Ihre lautstarke Anwesenheit ist ebenso nervig wie Zahnschmerzen. Und ihre, angeblich ungeheuer wichtigen Mitteilungen, lauten meist so: „Habe ich dir schon mein neues Haus in Frankreich gezeigt?“ oder „Mein Studium habe ich bereits nach vier Semestern abgeschlossen. Klar, dass mich ein Headhunter gleich vom Fleck weg für ein Mega-Unternehmen für viel Geld eingekauft hat!“ Die Rede ist von Angebern, im Volksmund auch Besserwisser, Protzer, Schaumschläger oder Selbstdarsteller genannt.
In Zeiten des immer stärker werdenden Profilierungsdrucks in der Gesellschaft und des sozialen Lebens gehört Bescheidenheit leider nicht zu den gängigsten Benimmformeln. Sehr zum Missfallen der Mitmenschen, die sich selbst und ihre tollen Taten nicht ständig auf ein Podest stellen müssen. Um nicht ungerecht zu werden, jeder Mensch hat natürlich ein Recht darauf, Dinge oder Eigenschaften, auf die er stolz sein kann, mitzuteilen. Auf die Art und Weise kommt es an. Deshalb hier ein kleiner Leitfaden, woher diese Angeberei kommt, wie man einen Angeber erkennen kann und welche Möglichkeiten es gibt, diesen Protzer gekonnt Paroli zu bieten.
Inhalt:
- Wenn Kinder zu kleinen Monstern werden
- Die Ursachen der Angeberei
- Die fünf häufigsten Angeber-Kategorien
- Social Toppings und Social Boasting Limit: der Krieg der Worte
- Das „Zwiebelsystem“ entlarvt den Angeber
- Was mache ich gegen einen Angeber
Wenn Kinder zu kleinen Monstern werden
Angeberei bei Kindern ist im Grunde ganz normal. Meistens beginnen die lieben Kleinen zwischen dem vierten und dem achten Lebensjahr plötzlich unangenehm aufzuschneiden. Die zweite Angeberphase tritt dann bei Pubertätsbeginn ein. Die Aussagen dieser kleinen oder größeren Schaumschläger gleichen sich. „Ich bin schneller, größer, besser…“
Der Vergleich mit anderen Kindern oder Jugendlichen ist normal. Immerhin ist der Nachwuchs auf der Suche nach seinen individuellen Stärken und Schwächen und muss seinen Platz in der Gruppe definieren. Wird die Angeberei jedoch unerträglich, heißt es für die Eltern zu handeln. Ständige Maßregelungen, dass die Aufschneiderei alle nervt, bringt grundsätzlich nichts. Meist stehen hinter diesen aufgeblasenen Worten Minderwertigkeitsgefühle, Komplexe und Geltungsbedürfnis. So wollen die Kinder ihre Schwächen kaschieren, ihre Verlegenheit übertünchen oder der ständigen Anforderung und Kritik im Elternhaus entfliehen. Pädagogisch sinnvoller ist es, die Kindern zu ermutigen und ihre Stärken hervorheben. Diese positiven Aussagen helfen den Kindern ihre Frustration zu überwinden, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und eigene Stärken zu erkennen. Ist das Selbstbewusstsein erst einmal aufgebaut, haben es die Kinder überhaupt nicht mehr nötig anzugeben.
Die Ursachen der Angeberei
Mangelndes Selbstbewusstsein und Komplexe sind im Allgemeinen die Hauptursache für Angeberei. Woher diese mangelnde Selbstsicherheit kommt, ist natürlich individuell unterschiedlich. Auf jeden Fall versuchen diese Menschen ihr geringes Selbstbewusstsein durch großartige Geschichten und übertriebenes Handeln zu verdecken.
Eine andere Erklärung, warum manche Menschen einen ausgesprochenen Hang zur Selbstdarstellung haben, liegt in unserer Gesellschaft. Es werden immer größere Anforderungen an eine Person gestellt. Dieser Erwartungszwang kann nicht immer erfüllt werden. Um trotzdem ein respektiertes Mitglied dieser Erwartungsgesellschaft zu bleiben, greifen einige Menschen zur übertriebenen Selbstdarstellung.
In manchen Fällen so erfolgreich, dass sie anfangen selbst an das glauben, was sie erzählen. Und es gibt noch einen weiteren Grund zur Angeberei: Verlegenheit! Angeberei findet meist im Zusammenhang mit einer Konversation statt.
Der Zwang zur Unterhaltung ist in der modernen Gesellschaft immer vorhanden. Es muss unter allen Umständen geredet und unterhalten werden. Dabei ist es irrelevant, ob es tatsächlich etwas Wichtiges ist, das ausgesprochen wird. Eine gute Konversation zu führen ist jedoch eine Kunstfertigkeit, die nur die wenigsten Menschen beherrschen. Um sich nicht zu blamieren greifen deshalb manche Menschen in die Trickkiste der Selbstdarstellung und geben mit Geschichten und Erfahrungen an.
Die fünf häufigsten Angeber-Kategorien
1 Geld
Ein altes Sprichwort trifft es auf den Punkt: Geld regiert die Welt! Kein Wunder also, dass alles, was mit Geld und Reichtum zu tun hat, sich ausgezeichnet zum Angeben eignet. In welcher Kategorie von Reichtum sich das abspielt, ist übrigens egal. Bei dem Stück der stolzen Angeberei kann es sich genauso gut um eine neue Jogginghose wie auch um ein neues Landhaus in der Toskana handeln.
2 Soziale Vernetzung
Auch hier trifft wieder ein berühmtes Sprichwort den Nagel auf den Kopf. „Wer drin ist, ist drin!“ Gemeint ist die Riege der wichtigen und bekannten Personen. Wer jemanden kennt, der einen gewissen Berühmtheitsgrad hat, kann vor seinen unbekannten Mitmenschen nach Herzenslust damit angeben. Denn wer im Schatten eines VIPs (Very Important People) steht, ist der Sonne immerhin schon ein Stück näher als die graue Masse der Otto Normal-Bürger.
3 Abenteuer und Geschichten
„…und dann hat sich mein Auto dreimal um sich selbst gedreht und ist auf der Gegenfahrbahn stehen geblieben. Nur durch mein geistesgegenwärtiges Verhalten habe ich es geschafft, mich selbst zu befreien und in Sicherheit zu bringen!“ oder „Das ist noch gar nichts. Bei meiner letzten Urlaubsreise nach Asien ist während des Fluges ein Teil des Flügels abgefallen. Wir konnten gerade noch eine Notlandung machen, bevor wir abgestürzt wären. Ich habe sogar noch zwei Menschen aus der Maschine geholfen, bevor ich mich gerettet habe…“ Eigene Geschichten und Abenteuer eignen sich perfekt für den Angeber, sich immer wieder über seine Mitmenschen zu stellen.
4 Besondere Fähigkeiten im Beruf
Natürlich gibt es in vielen Berufssparten einen gewissen Konkurrenzkampf. Artet der jedoch aus, kann es böse werden. Der Angeber vertritt zum Beispiel lautstark immer wieder seine Meinung, dass Frau K. aus der Entwicklung überhaupt keine Ahnung hat von ihrer Tätigkeit, während er selbst der größte Organisator im Unternehmen ist. Diese Art der Besserwisserei kann sogar gefährlich werden. Denn immerhin steht die berufliche Existenz von Frau K. in der Kritik. Wenn der Chef dem Angeber tatsächlich glauben sollte, könnten die Konsequenzen wie zum Beispiel Degradierung oder Entlassung fürchterlich sein.
5 Physische Attraktivität
Durchtrainierter Körper, glänzendes Haar, samtzarte Haut -die Werbung macht es uns vor, wie der perfekte Mensch von heute auszusehen hat. Das stimmt natürlich nur in den seltensten Fällen mit der Wirklichkeit überein. Gerade deshalb sind Menschen, die einen besonderen physischen Vorteil haben, gerne geneigt, den auch ständig hervorzuheben – auch ohne Worte. Hautenge Hemden über Muckis aus dem Fitnessstudio zählen genauso dazu wie Frauen, die ständig ihren rapunzelmäßigen Haarschopf ständig um den Kopf wirbeln. Und wer immer wieder von seiner faltenfreien Haut schwärmt, darf sich nicht wundern, wenn hinter seinem Rücken die Frage nach dem Schönheitschirurg auftaucht.
Social Toppings und Social Boasting Limit: der Krieg der Worte
Wenn zwei Angeber in einem Gespräch vertieft sind, dann mag sich der Inhalt zwar variieren, der Aufbau dieses Wortkrieges bleibt jedoch gleich. Soziologen nennen das Social Toppings. Der Aufbau ist ganz einfach. Der erste Aufschneider erzählt eine Geschichte, der zweite kontert sofort mit einer eigenen Story, die noch toller ist. Daraufhin ergreift sein Gegenüber wieder das Wort und erzählt wiederum eine Story, die die andere übertrifft. Diese Spirale lässt sich beinahe endlos nach oben drehen. Allerdings gibt es ein Social Boasting Limit (SBL). Dies bezeichnet die natürliche Grenze für den Zuhörer, bei denen Protzer unglaubwürdig werden. Vielen Angebern fehlt diese natürliche Grenze – leider.
Das „Zwiebelsystem“ entlarvt den Angeber
Es gibt zwar Selbstdarsteller, die so übertreiben, dass jeder sofort merkt, dass es sich hierbei eben um einen angeberischen Selbstdarsteller handelt. Manche Angeber sind allerdings auch so geschickt, dass es einige Tricks braucht, um sie zu entlarven. Erschwerend kommt hinzu, dass diese Protzer tatsächlich an das glauben, was sie erzählen. Dieser echte Glauben an ihre angeblichen Heldentaten, Supertalente und Wichtigkeiten dient dem Selbstschutz
(siehe: Ursachen der Angeberei).
Eine effektive Möglichkeit einen Angeber zu entlarven ist das „Zwiebelsystem“. Der österreichische Aphoristiker (eine Person, die Aphorismen, also philosophische Gedankensplitter verfasst) Gerhard Krug hat das folgendermaßen beschrieben: „Angeber sind Zwiebeln. Man entfernt Schale um Schale und was übrig bleibt, ist zum Weinen!“. Das Zwiebelsystem wirkt folgendermaßen: Der Zuhörer oder Gesprächspartner stellt dem Angeber Fragen, die seine Geschichte hinterfragen. Zum Beispiel: „Wir mussten notlanden und ich habe zuerst zwei Menschen geholfen und erst dann mich gerettet!“ Die Fragen könnten lauten: „Warum musstest du jemanden retten, wenn ihr sicher notgelandet seit?“ Oder: „Komisch, von diesem Flugzeugunglück habe ich nichts gehört. Wann und wo war das noch einmal?“ Oder: „Wie kann ein Flugzeug überhaupt fliegen, wenn es nur einen Flügel hat?“.
Genaues Beobachten während des Gespräches ist ebenfalls sehr hilfreich, denn Gestik und Mimik des Erzählers verraten viel über den Wahrheitsgehalt der Geschichte. Übertriebene Handbewegungen, dramatisches Augenrollen und ähnliches sind zum Beispiel ein Indiz, dass der Erzähler seiner Geschichte eine Bedeutung vermitteln möchte, die nicht der Realität entspricht.
Am leichtesten lässt sich der Angeber jedoch entlarven, wenn man folgende Attribute beachtet:
1) Der Angeber weiß immer alles und kennt jeden.
2) Egal, wo sein Gesprächspartner schon war, der Angeber war ebenfalls bereits dort.
3) Länger als einen Satz lässt der Angeber sie nicht reden. Dann unterbricht er sie, besonders gerne mit eigenen Weisheiten und Storys.
4) Der Angeber hat die Antwort schon, bevor sein Gegenüber überhaupt die Frage gestellt hat.
Was mache ich gegen einen Angeber
Es ist nicht immer einfach, gegen einen Angeber vorzugehen. Meist hindert einen auch die natürliche Höflichkeit das zu tun, was eigentlich richtig wäre: nämlich den Angeber einfach stehen zu lassen und ihm keinerlei Aufmerksamkeit zu schenken. Diese Regel der Höflichkeit sollte über Bord geworfen werden. Der Angeber hat es nicht anders verdient. Ein wunderbares Mittel, den Angeber zu stoppen, ist es den Spieß einfach umzudrehen, beziehungsweise ihm die notwendige Zeit zu nehmen, die er für sich vereinnahmt. „Das ist faszinierend, was sie erzählen. Aber ich belege sie mit Beschlag, dabei haben die anderen Gäste auch ein Recht auf sie“, wäre zum Beispiel eine Möglichkeit.
Eine andere ist Schweigen. Denn eigentlich erwartet der Angeber seinen Spielregeln nach eine Reaktion von seinem Gegenüber. Schweigen nimmt ihm sofort die notwendige Plattform, die er braucht, um seinen Narzissmus auszuleben. Auch hilfreich ist es, den Selbstdarsteller zu verwirren. Eine völlig unsinnige Frage kann zum Beispiel sein gesamtes Gesprächskonzept durcheinander bringen. Er rechnet garantiert nicht damit, dass sie ihm während seines Vortrags mit einer Frage wie „Was hat ihr hübscher Anzug eigentlich gekostet?“ unterbrechen. Und wenn wirklich nichts mehr den Aufschneider bremsen kann, hilft letztendlich nur noch Ironie. Und die darf so unglaubwürdig sein, dass jeder versteht, was letztendlich das Ziel ist: Den Angeber zum Schweigen zu bringen!
Redaktion: Patricia Hansen
Bilder: Pixabay.com, Fotolia.com
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